Krisen-Treffen beim Bundespräsidenten Auf zum nächsten Spitzen-Gefecht

Berlin · Der Bundespräsident lotet diese Woche die Chancen für eine neue Groko aus. Derweil bringen sich Union und SPD schon in Stellung.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Die Startpositionen sind klar markiert, der Zieleinlauf aber liegt noch im Nebel. Woche Zehn nach der Bundestagswahl dürfte zumindest eine Vorentscheidung darüber bringen, wohin das Land steuert. Und wer es steuert – zusammen mit Angela Merkel natürlich. Immer noch liegen drei Optionen auf dem Tisch, ungeliebt sind sie alle: Große Koalition, Minderheitsregierung unter Führung der Union oder Neuwahl. Dass eine Neuauflage des Bündnisses von Union und SPD zu Beginn der Woche wie das wahrscheinlichste Ergebnis aussieht, liegt vor allem an einem Mann.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat für Donnerstagabend Kanzlerin Merkel, den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und SPD-Chef Martin Schulz ins Schloss Bellevue eingeladen. Die ungewöhnliche Initiative lässt nicht nur erahnen, welche Lösung der Regierungskrise das Staatsoberhaupt wohl am liebsten sähe. Auch Merkel und Seehofer sind am ehesten für diese Option. Nur Schulz, den der frühere SPD-Außenminister Steinmeier Jahrzehnte kennt, ziert sich noch. Innerparteilich kommt er immer mehr unter Druck. Der SPD-Parteitag in der übernächsten Woche dürfte auch über seine Zukunft entscheiden.

Für Merkel geht es darum, ob es für sie nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen tatsächlich noch einen Einstieg in eine vierte Regierungszeit ohne Neuwahl geben kann. Im CDU-Präsidium am Sonntagabend und im Vorstand am Montag geht es deswegen vor allem um die Frage: Ja zur dritten Groko unter Merkel, aber um welchen Preis? Neuwahlen will die CDU wenn irgend möglich vermeiden – vor allem die AfD wäre hier der Profiteur, glaubt man fast einhellig.

Dabei bringen sich beide Seiten schon für den Koalitionspoker 2.0 in Stellung. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier warnt am Abend bei seinem Eintreffen an der CDU-Zentrale in Berlin: „Wer sich jetzt zum Scheinriesen aufbläst und sozusagen ununterbrochen fordert, was wir jetzt tun müssten, dem möchte ich sagen: Er soll‘s nicht übertreiben.“ Und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) warnt in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: „Wir sind hier jetzt nicht auf dem Jahrmarkt, wo es darum geht, herauszuschreien, was man möchte und der andere schreit was anderes.“

Doch nicht nur die SPD hat schon Knackpunkte ins Spiel gebracht, Stichwort Bürgerversicherung oder Steuer- sowie Rentenreform zum Beispiel. Auch die Union würde nicht ohne Vorbedingung in Verhandlungen mit den Sozialdemokraten ziehen. Kauder selbst nennt beispielsweise den Migrationskonsens von CDU und CSU oder eine weitere Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge. In der Union fragt man sich erstmal: Wann wird Steinmeier handeln – und vor allem wie? Wenn das Staatsoberhaupt einen ersten Gang zur Kanzlerwahl im Bundestag ansetzt, sind die Weichen für eine Neuwahl so gut wie gestellt, glauben hier viele. Um das zu verhindern, ist Übereinstimmung mit der SPD nötig.

Beim Treffen Steinmeiers mit den Spitzen von Union und SPD hänge viel davon ab, ob der Bundespräsident das sichere Gefühl bekomme, eine Groko sei auch ohne Neuwahl noch möglich. Denkbar sei etwa, dass CDU, CSU und SPD nach dem Parteitag der Sozialdemokraten vom 7. bis 9. Dezember mit Sondierungsgesprächen beginnen könnten. Ein Szenario lautet: Sondierungen bis Weihnachten, dann Anfang des Jahres Einstieg in Koalitionsverhandlungen. Ende Januar könnte dann vielleicht das dritte schwarz-rote Bündnis unter Merkel stehen.

Doch Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet gibt sich zurückhaltend, als er am Abend im Nieselregen auf Reporterfragen antwortet. „Weihnachten ist ein Datum, aber keine Frist“, sagte er da. „Auch hier gilt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort