Auf Präsident Ahmadinedschad warten schwere Jahre

Teheran. Im Namen des Establishments, der iranische Wächterrat hat gesprochen. Trotz heftiger Proteste, den schwersten Unruhen seit 30 Jahren und internationalen Appellen soll es im Iran bleiben wie gehabt: Alter und neuer Präsident ist der erzkonservative Mahmud Ahmadinedschad, die Akte Präsidentschaftswahl endgültig geschlossen

Teheran. Im Namen des Establishments, der iranische Wächterrat hat gesprochen. Trotz heftiger Proteste, den schwersten Unruhen seit 30 Jahren und internationalen Appellen soll es im Iran bleiben wie gehabt: Alter und neuer Präsident ist der erzkonservative Mahmud Ahmadinedschad, die Akte Präsidentschaftswahl endgültig geschlossen. Für die Opposition und ihren Führer Mir Hussein Mussawi bestehe kein Anlass mehr, das Thema Wahlfälschung weiter zu verfolgen, so der Wächterrat.

Obwohl Mussawi mit seinem Antrag auf Annullierung der Ergebnisse und Neuwahlen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, haben seine Proteste und die seiner Anhänger doch Wirkung gezeigt. Nicht nur die übertriebenen Sicherheitsmaßnahmen auf fast allen Straßen Teherans, sondern auch die Verzögerung der Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse waren Zeichen einer gewissen Nervosität innerhalb des Establishments.

Der Wächterrat hat zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte der Islamischen Republik ein separates Komitee gebildet, das dem Rat bei den Überprüfungen zur Seite stand. "Das war ein offensichtliches Bekenntnis, dass der Wächterrat kein neutrales Gremium ist", sagte ein Wahlbeobachter. Die zwölf Mitglieder des Wächterrats hatten schon vor den Wahlen nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie voll hinter Ahmadinedschad stehen. "Wie kann so ein Gremium als einzige rechtliche Instanz für Wahlüberprüfung infrage kommen?", fragt Mussawi.

Für den wiedergewählten Präsidenten Ahmadinedschad wird es nicht einfach sein, zum politischen Alltag zurückzukehren. "Der interne Druck wächst, vom Ausland ganz zu schweigen, das werden vier schwere Jahre", prophezeit ein Reformaktivist. Mit seinen beiden Vorgängern, Mohammed Chatami und Akbar Haschemi Rafsandschani, hat Ahmadinedschad zwei einflussreiche Gegner, die ihn nicht in Ruhe lassen werden.

Rafsandschani warf er Korruption vor, Chatamis Reformpolitik bezeichnete er als "Schande für die Nation". Außerdem sitzen dutzende Oppositionspolitiker zusammen mit Hunderten von Journalisten, Studenten und Demonstranten wegen Kritik am Präsidenten im Gefängnis, darunter auch Chatamis ehemaliger Vize Mohammed Ali Abtahi. Ob und wann sie freikommen, ist unklar.

Auch im Parlament gibt es Zweifel. Viele der 290 Abgeordneten haben anscheinend an einer Feier des Präsidenten aus Anlass seiner Wiederwahl nicht teilgenommen. Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani wird vorgeworfen, nicht mehr hinter dem Präsidenten zu stehen. Laut Opposition sollen sogar Teile des einflussreichen Klerus nicht genau wissen, wie sie die Legitimität des neuen Präsidenten einschätzen sollen.

Dabei sind die drängendsten Probleme im Land die gleichen wie vor der Wahl: Wirtschaftskrise und hohe Inflation. "Mit übertriebenem Fokus auf Sicherheit kann es definitiv keine vernünftige Wirtschaftspolitik geben", warnt der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mohsen Rezai. Mussawi warf Ahmadinedschad vor den Wahlen vor, die Wirtschaftsstatistik manipuliert zu haben. Der Präsident wies dies kategorisch zurück und behauptete, es gebe keine Wirtschaftskrise, und "alles ist gut". Besonders außenpolitisch wird es Ahmadinedschad in seiner zweiten Amtsperiode schwer haben. Die Glückwünsche seiner Amtskollegen zu seiner Wiederwahl waren bis jetzt eher dürftig. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben die Wahlergebnisse und dementsprechend Ahmadinedschads Wiederwahl noch nicht anerkannt. Mit London gibt es sogar eine ernsthafte Krise. Zwei britische Diplomaten wurden ausgewiesen, neun einheimische Mitarbeiter der britischen Botschaft wegen angeblicher Verwicklung in die Proteste verhaftet, vier von ihnen sind immer noch in Haft.

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