Athen fordert Milliarden – Berlin will nicht zahlen

Athen/Berlin · Berlin reagiert gereizt auf erneute Forderungen aus Athen, Deutschland solle Milliarden-Entschädigungen für Taten im Zweiten Weltkrieg zahlen. Die neue Linksregierung will damit Sozialmaßnahmen finanzieren.

Die Forderung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras nach deutschen Kriegsschuld-Zahlungen zur Finanzierung von Sozialmaßnahmen in Griechenland stößt in der Berliner Koalition auf klare Ablehnung. "Die Wahrscheinlichkeit ist Null", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Rande einer Klausurtagung im brandenburgischen Nauen. Spätestens mit dem Zwei-plus-Vier-Abkommen im Vorfeld der deutschen Einheit seien "alle diese Themen rechtlich beendet worden". Der Unions-Haushälter Norbert Barthle (CDU ) nannte es eine "seltsame Vorstellung von Demokratie, sich Wahlgeschenke von anderen Staaten finanzieren lassen zu wollen."

Tsipras hatte bei seiner Vorstellung des Regierungsprogramms am Wochenende im griechischen Parlament auf nach seiner Ansicht offene Reparationsforderungen an Deutschland aus der Nazi-Zeit verwiesen. Athen habe die "moralische Verantwortung unserem Volk gegenüber, gegenüber der Geschichte und allen Völkern Europas", die gegen die Nazis gekämpft hätten, das Geld einzufordern, sagte er. Er spielte dabei vor allem auf eine Zwangsanleihe der griechischen Nationalbank an das NS-Regime in Höhe von 476 Millionen Reichsmark an, die nie zurückgezahlt wurde. Nach griechischer Rechnung entspräche dies heute elf Milliarden Euro. Der Völkerrechtler und Ex-Linken-Politiker Norman Paech sagte der SZ, die Forderungen Athens seien "relevant und durchaus begründet". Denn es gehe hier nicht um Reparationen. Bei der Zwangsanleihe handele es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch, "der zurückzuzahlen ist".

Derweil soll es mit Blick auf die Schulden Griechenlands hinter den Kulissen Bewegung geben. Aus Athen verlautete gestern, man arbeite mit der EU-Kommission an einem Zehn-Punkte-Plan. Er sehe eine Überbrückungsverpflichtung für Griechenlands vor, auf deren Grundlage eine Hilfe von sieben Milliarden Euro für Athen ausgezahlt werden könnte. > und Interview

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