Regierungserklärung Altmaier will „Mittelstandsminister“ sein

Berlin · Mehrere Ressort-Chefs gaben gestern Regierungserklärungen ab. Die Opposition kritisiert zusätzliche Stellen in der Regierung.

 Wirtschaftsminister Peter Altmaier versprach gestern im Bundestag Verlässlichkeit für Unternehmen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier versprach gestern im Bundestag Verlässlichkeit für Unternehmen.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Schaffung von 209 zusätzlichen Stellen im Regierungsapparat von Union und SPD hat zu scharfer Kritik im Bundestag geführt. Diese Koalition sei eine teure Veranstaltung, „auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger“, sagte die Grünen-Haushaltsexpertin Anja Hajduk in einer Antwort auf die erste Regierungserklärung des neuen Finanzministers Olaf Scholz (SPD) gestern im Parlament. Die Koalition agiere wie ein „Selbstbedienungsladen“. Auch von AfD, FDP und Linken kam scharfe Kritik. Allein 98 Stellen entstehen bei dem um den Bereich „Heimat“ erweiterten Innenministerium von Horst Seehofer (CSU); 41 Stellen in dem von Scholz geführten Finanzministerium.

Der Haushaltsausschuss hatte die Stellen mit der Mehrheit der großen Koalition abgesegnet. Scholz ging mit keinem Wort auf den Stellenzuwachs ein, bekannte sich aber klar zum Ziel eines Haushalts ohne neue Schulden. „Die „Schwarze Null“ ist deshalb zu Recht Gegenstand des Koalitionsvertrags.“ Das Defizit solle weiter verringert werden. Scholz hat dafür den Architekten der „Schwarzen Null“, Werner Gatzer (SPD), zurückgeholt. Er war seit Anfang des Jahres bei der Deutschen Bahn tätig und hatte zuvor schon von 2005 bis 2017 als Haushalts-Staatssekretär in dem Ministerium gearbeitet. Die „Schwarze Null“ wurde unter seiner Führung 2014 erstmals seit 45 Jahren geschafft.

Scholz betonte, die von Union und SPD geplanten Zusatzausgaben von 46 Milliarden Euro bis 2021 seien ein Programm für die Zukunftsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt. Der Ausbau der Ganztagsangebote an Kitas und verstärkt an Grundschulen diene auch dem Ziel, durch bessere Bildung und Ausbildung den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Zudem betonte Scholz, die Renten würden stabilisiert, ein Baukindergeld solle Familien helfen, die bauen oder Eigentum erwerben wollen. Der Bund habe angesichts der guten Konjunktur hohe Einnahmen, „die uns viele Möglichkeiten verschaffen“. „Jedem von uns muss es gut gehen“, betonte Scholz – nicht nur dem Land an sich.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht in verlässlichen Rahmenbedingungen vor allem für den Mittelstand eine Erfolgsgarantie für die deutsche Wirtschaft. Sein Ministerium verstehe er künftig in erster Linie „als Mittelstandsministerium“, sagte der Saarländer in seiner Rede vor dem Bundestag. Zugleich legte er ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft und zum freien Handel ab.

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland werde nach Einschätzung der Bundesregierung weiter „eindrucksvoll“ sein und Löhne und Renten kräftig steigen, sagte Altmaier. „Aber die Geschichte ist voll von Beispielen von Ländern, die sich ausgeruht haben auf dem Gipfel des Erfolgs“, mahnte der Minister in seiner Regierungserklärung.

Zugleich sei aber vor allem für den Mittelstand Verlässlichkeit wichtig. Hier müssten sich die Unternehmen darauf verlassen können, langfristig ein gutes Umfeld zu haben. „Manchmal muss man auch als Wirtschaftsminister den Mut haben, weniger zu tun oder vielleicht auch gar nichts zu tun“, sagte Altmaier. Die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen sei eine „Erfolgsgarantie für die Zukunft“.

Altmaier hob in seiner Regierungserklärung die Bedeutung der sozialen Marktwirtschaft hervor. Dazu gehöre einerseits der Markt, andererseits aber auch die „soziale Teilhabe aller an den Früchten“.

Bei der Rente kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch für dieses Jahr gesetzgeberische Maßnahmen an, um bis 2025 das Niveau der Altersversorgung bei 48 Prozent zu halten und die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen zu lassen. Der Minister bekräftigte auch, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kommission zur langfristigen Sicherung der Altersvorsorge bis zum Sommer an den Start gehen soll. „Wir müssen langfristig dafür sorgen, die Rente krisen- und armutsfest und stabil zu halten.“

Der FDP-Politiker Christian Dürr sagte in der Parlaments-Debatte, die Zinsen würden auch in der Eurozone steigen. „Jetzt wäre es die Aufgabe der Groko, in einen Schuldentilgungsplan einzutreten.“

Peter Boehringer (AfD) warnte davor, mehr Geld für Europa bereitzustellen. Das beste Rezept gegen neue Schulden sei, reinen Tisch bei der Eurorettungspolitik zu machen. „Noch mehr EU-Europa, das ist unverantwortlich“, sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Es gebe längst eine Vergemeinschaftung von Schulden – deutsche Spareinlagen dürften nicht in Haftung für „Zombie-Banken“ genommen werden.

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