EU-Afrika-Gipfel Afrika braucht nicht nur mehr Geld

Brüssel/Abidjan · Beim EU-Afrika-Gipfel geht es um die Jugend des Kontinents. Aber auch um Sklavenhandel und neue Konzepte der Entwicklungszusammenarbeit.

Die Bundeskanzlerin hielt sich nicht lange mit der Vorrede auf. „Der Verkauf von jungen Männern als Sklaven in Libyen hat hier eine hohe emotionale Bedeutung“, sagte Angela Merkel. Noch bevor der EU-Afrika-Gipfel gestern mit insgesamt 60 Staats- und Regierungschefs in Abidjan, der Hauptstadt der Republik Elfenbeinküste, beginnen konnte. Für die geschäftsführende deutsche Regierungschefin „ergibt sich daraus ein gemeinsames Interesse, die illegale Migration zu beenden“. Doch so einfach ist das nicht, wie schon der erste Tag des Treffens zeigte, das heute zu Ende geht. Während die EU-Vertreter bisher vor allem daran interessiert waren, den Zustrom neuer Flüchtlinge über das Mittelmeer einzudämmen und dabei selbst vor einer Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kräften im Bürgerkriegsland Libyen nicht zurückschreckten, drängen die Afrikaner darauf, die Ursachen der Abwanderung aus ihren Ländern in den Griff zu bekommen. Der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Quattara, sprach schon am frühen Mittwochmorgen die Amtskollegin aus Berlin darauf an: „Wir brauchen Regeln für die legale Migration, das kommt allen zugute.“ Den afrikanischen Politikern schweben neue, großzügige Vereinbarungen für junge Menschen vor, die zum Studium oder zur Ausbildung in die EU kommen können, die dort Geld verdienen und berufliche Qualifikationen erwerben, um diese dann zu Hause einzusetzen.

Gleichzeitig fordern die afrikanischen Staatenlenker nicht nur finanzielle Zuwendungen, sondern vor allem wirtschaftliche Strukturen für ihre Unternehmen. Ein Land wie die Elfenbeinküste brauche verbesserte Rahmenbedingungen, um am Welthandel teilnehmen zu können, sagte der Präsident. Beispiel: Die Elfenbeinküste exportiert Kakao, würde ihn aber auch gerne selber weiterverarbeiten. Das sei der größte Stolperstein auf dem Weg zum Wohlstand. Zwar ist die EU bis heute der größte Geldgeber Afrikas, dennoch stehen weitere Investitionszusagen im Raum. Die Zusammenarbeit bleibt ein Flickenteppich aus bilateraler Entwicklungshilfe, privaten Organisationen, militärischen Operationen und europäischer Unterstützung. Zu viel laufe aneinander vorbei, hieß es in Abidjan. Und das Meiste berücksichtige auch nicht die gravierenden Unterschiede zwischen den 55 Staaten, deren Sicherheitslage und wirtschaftliche Voraussetzungen völlig verschieden sind. Merkels Strategie besteht darin, einen Baustein nach dem anderen zu setzen. Die EU geht diesen Weg mit, vor allem unterstützt vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der seine Solidarität in einer Rede deutlich gemacht hatte. Gemeinsam ist allen Entwürfen, dass die afrikanischen Staaten ihre regionale Zusammenarbeit verstärken, ihre Infrastruktur ausbauen und dann verbesserte Bedingungen für die lokale Wirtschaft schaffen sollen. Im Entwurf eines Schlussdokumentes versprach die EU, solche Vorhaben ebenso zu unterstützen wie die Ausbildung junger Afrikaner. Dabei will die EU an ihrem Grundsatz festhalten: Je größer die Zusammenarbeit mit Europa in Sachen illegaler Migration und größer die Reformbereitschaft, desto mehr Geld kann fließen.

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