Jamaika Ab heute geht es um Geld und Europa

Berlin · Erstmals diskutieren die Jamaika-Unterhändler in Berlin über brisante Themen. Streit ist dabei absehbar.

 Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner erhofft sich von der Politik einer zukünftigen Jamaika-Koalition aus Union, Liberalen und Grünen, dass sie viele Menschen entlastet, aber keinen zusätzlich belastet.

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner erhofft sich von der Politik einer zukünftigen Jamaika-Koalition aus Union, Liberalen und Grünen, dass sie viele Menschen entlastet, aber keinen zusätzlich belastet.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf. Deshalb ist es nur logisch, dass sich Union, FDP und Grüne zunächst über die zur Verfügung stehenden Mittel verständigen müssen, bevor es ans Geldausgeben geht. Ein Blick in die noch vom scheidenden Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aufgestellte Finanzplanung stimmt hier durchaus optimistisch: Immerhin knapp 15 Milliarden Euro sind demnach für die Jahre 2019 und 2020 noch frei verfügbar. Unter Berücksichtigung des Puffers bei Ländern und Kommunen kommt die CDU gar auf einen Spielraum von 30 Milliarden Euro. Die hübsche Summe relativiert sich allerdings beim Blick auf die umfänglichen Wunschlisten der einzelnen Parteien.

So will die CSU zum Beispiel die Mütterrente weiter anheben und die FDP den Solidaritätszuschlag kippen, aber ebenso wie die Union auch an der „schwarzen Null“, also einem Haushalt ohne neue Schulden festhalten. Die Grünen dagegen wollen Investitionen den Vorrang geben. Insbesondere in Klimaschutz, Bildung und schnelles Internet. Und sie pochen auf umfängliche Hilfen für Familien. Grob überschlagen kämen da schnell Kosten von insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro zusammen.

Allein die Erhöhung der Mütterrente würde in den kommenden vier Jahren 28 Milliarden Euro binden. Und fiele der „Soli“ auf einen Schlag weg, hätte das eine Lücke von rund 20 Milliarden Euro zur Folge – pro Jahr. Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg mahnte deshalb gestern auch: Jeder der beteiligten Partner müsse „für sich Prioritäten setzen“.

Ginge es allein nach FDP und Union, dann sollte eine Jamaika-Koalition „viele entlasten, aber niemanden zusätzlich belasten“, wie es der Chef-Liberale Christian Lindner formulierte. Für Großkonzerne wie Apple kann sich Lindner aber Steuererhöhungen sehr wohl vorstellen. Dagegen wollen die Grünen auch private Spitzenverdiener stärker zur Kasse bitten und liegen damit ganz auf der Linie der Gewerkschaften. „Die Steuern für ausländische Großkonzerne zu erhöhen, aber Spitzenverdiener in Deutschland zu verschonen, wie es der FDP-Chef will, das reicht nicht aus“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell unserer Redaktion. So werde die Ungleichheit im Land nicht bekämpft. „Eine Steuersenkungspolitik mit dem Rasenmäher lehnen wir ab“, betonte Körzell.

An einem Strang ziehen FDP und Grüne derweil bei der Erschließung einer weiteren Finanzquelle: Demnach soll der Bund rasch seine Telekom-Aktien verkaufen. Das brächte einen zweistelligen Milliardenerlös, den beide Parteien in den Ausbau der Infrastruktur stecken wollen. Die Union hat sich dazu noch nicht klar positioniert.

Kontroversen werden auch beim Thema Europa erwartet. Hier sind die Grünen der Union viel näher als der FDP. So plädieren die Liberalen für ein Auslaufen des Rettungsfonds ESM. Dagegen hatte sich Finanzminister Schäuble zuletzt für den Ausbau des ESM zu einem Europäischen Währungsfonds stark gemacht. Obendrein wollen die Liberalen ein Recht auf den freiwilligen Austritt eines Euro-Staats aus der Gemeinschaftswährung durchsetzen, was bei den anderen auf Ablehnung stößt.

Beginnen sollen die Gespräche heute um 18 Uhr – es könnte eine lange Verhandlungsnacht werden.

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