Streit um Beichtgeheimnis verschärft Konflikt

Dublin. Der Streit zwischen der katholischen Kirche und der irischen Regierung hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Für die jüngste Verschärfung sorgt ein Gesetzesentwurf des Justizministers Alan Shatter, nach dem Geistliche künftig jeden Verdacht auf Kindesmissbrauch bei der Polizei melden müssen, auch wenn das Wissen darüber in der Beichte gewonnen wurde

Dublin. Der Streit zwischen der katholischen Kirche und der irischen Regierung hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Für die jüngste Verschärfung sorgt ein Gesetzesentwurf des Justizministers Alan Shatter, nach dem Geistliche künftig jeden Verdacht auf Kindesmissbrauch bei der Polizei melden müssen, auch wenn das Wissen darüber in der Beichte gewonnen wurde. Bei Nichtbeachtung sollen Priestern bis zu fünf Jahre Haft drohen.Seit der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts über Missbrauchsfälle in der Diözese Cloyne am 13. Juli befinden sich die Beziehungen zwischen Kirche und Staat im katholischen Irland auf einem historischen Tief. Der Cloyne-Report untersuchte Beschuldigungen gegen 19 Geistliche, die von 1996 bis 2009 vorgebracht wurden. Bis auf zwei Fälle handelte es sich um Vorgänge aus den Jahren 1930 bis 1990. Der Bericht bemängelte, der größte Teil der Missbrauchsfälle sei nicht den zivilen Behörden gemeldet worden. Noch am Tag der Veröffentlichung stellte Shatter seinen Gesetzentwurf vor.

Auch der konservative Ministerpräsident Enda Kenny reagierte: Kurz nach der Publikation des Berichts kritisierte er den Vatikan mit ungewöhnlich scharfen Worten. Die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Irland könnten nach den Enthüllungen "nicht mehr die alten sein", so Kenny. Unter anderem warf der Politiker dem Vatikan vor, er habe noch bis 2008 die Verfolgung von Straftaten in Irland ins Leere laufen lassen. Man habe das "Vergewaltigen und Foltern von Kindern heruntergespielt", um den Ruf der Institution zu retten.

In der darauffolgenden diplomatischen Krise geriet der Gesetzesentwurf Shatters fast in Vergessenheit, bis der irische katholische Primas, Kardinal Sean Brady, in einer Predigt am vergangenen Sonntag das Beichtgeheimnis mit deutlichen Worten verteidigte. Brady unterstrich darin die Bedeutung des "heiligen und gehüteten" Ritus der Beichte. Jeder Vorschlag, der die Unantastbarkeit des Beichtgeheimnisses untergrabe, richte sich gegen "das Recht jedes Katholiken auf Religions- und Gewissensfreiheit". Gestern sprach der Vatikan dem Kardinal seine Unterstützung aus. "Die katholische Kirche verzichtet auf keinen Fall auf das Beichtgeheimnis", betonte ein Vatikansprecher. Das irische Justizministerium reagierte prompt: Noch am selben Tag sagte eine Sprecherin, das geplante Gesetz werde ohne Rücksicht auf "interne Regeln religiöser Gruppen" umgesetzt. kna

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