„St. Wendel ist ein Muster-Landkreis“

Saarbrücken · Viele Kommunen in Deutschland plagen chronische Geldsorgen. In Gebietsreformen das Allheilmittel für klamme Kassen zu sehen, sei aber falsch, meint Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages im SZ-Gespräch.

 Landkreistag-Chef Sager pocht auf die finanziellen Zusagen Berlins für die Kommunen. Foto: bub

Landkreistag-Chef Sager pocht auf die finanziellen Zusagen Berlins für die Kommunen. Foto: bub

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Wenn der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages (DLT) an St. Wendel denkt, bekommt er leuchtende Augen. "Das ist quasi ein Muster-Landkreis für ganz Deutschland", schwärmt Hans-Günter Henneke im Redaktionsgespräch mit der Saarbrücker Zeitung. Klar, dass er wenig Verständnis für eine Fusion St. Wendels mit anderen Kreisen hätte. Auch Landkreistags-Präsident Reinhard Sager sieht solche Fusionen kritisch. "Wenn sie zwei Kranke in ein Bett legen, wird dadurch doch kein Gesunder. Das zu glauben, ist absurd."

"Durch Landkreis-Zusammenpappen spart man nicht einmal zwingend Geld." Damit widerspricht Sager dem Hauptargument der Gebietsreform-Befürworter. Ein Beispiel dafür sei Mecklenburg-Vorpommern. Durch deren Reform seien "Riesen-Kreise" entstanden. "Die Verwaltungen dort schaffen die täglichen Arbeitsbelastungen nicht mehr. Kostensparend ist das nicht", warnt Sager. Viel wichtiger sei es, die Effizienz der Kreise zu steigern. Und wie das geht, "dafür gibt es nun mal keine Schablone".

Landkreisfusionen werden sicher eines der Themen des zweitägigen DLT-Jahrestagung sein, die heute in Saarbrücken beginnt. Dabei diskutieren nicht nur die Landräte aus der ganzen Republik mit. Auch Saar-Ministerpräsidentin Annergret Kramp-Karrenbauer, Kanzleramtschef Peter Altmaier (beide CDU ) und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) sind vor Ort.

Im Fokus werden dort auch die Bund-Länder-Finanzbeziehungen stehen. Und dadurch wieder das Saarland. "Die Finanzlage ist nirgendwo in Deutschland schlechter als im Saarland", warnt Sager. Auch die Landkreise brauchen dringend Geld. "Am liebsten würden sie es sich selbst sichern - über einen Anteil an der Umsatzsteuer." Weiter fordern sie, dass der Bund die Kommunen - die die Kreise finanzieren - weiter entlastet. "Das hat uns die große Koalition 2013 versprochen. Darauf pochen wir", so Sager. Fünf Milliarden Euro sollen ab 2018 jährlich unbefristet an die Kommunen gehen, allein 60 Millionen Euro für das Saarland. "Wir wollen aber nicht, dass die Länder das Geld verteilen. Landesregierungen haben gewohnheitsmäßig klebrige Finger", warnt Henneke.

Geld fehlt den Kommunen auch bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme . Auch hier stehen die Landeschefs im Zentrum der DLT-Kritik. Die Regierungen sollen eigentlich die Kosten dafür tragen - "zu 100 Prozent. Doch das machen viele nicht. Beispielsweise Rheinland-Pfalz. Hier sind es nicht mal 70 Prozent", erklärt Sager. Und das Problem werde sich wohl verschärfen. "Bis Ende des Jahres werden bis zu 450 000 Flüchtlinge in Deutschland Asyl suchen." Und so schaut auch der Landkreistag-Präsident sorgenvoll auf die Kriege und Hungersnöte in Nahost und Afrika.

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