„Sie werden viel Freude an mir haben“

Berlin · Nach zweimonatiger Zwangspause wegen eines schweren Sturzes mischt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle nun im Wahlkampf mit. Die Kampfeslust ist ihm nicht abhanden gekommen: 26 Veranstaltungen will Brüderle absolvieren.

Wer gestern gegen Ende der knapp 40-minütigen Pressekonferenz immer noch nicht verstanden hatte, dass Rainer Brüderle sich wieder "sauwohl" fühlt, "authentisch, kompetent, sympathisch" ist und - mit Seitenhieb auf die Grünen - selbst entscheidet, "wann ich Möhre, wann ich Kotelett esse", für den fasste FDP-Chef Philipp Rösler alles noch mal zusammen: "Unser Spitzenkandidat ist absolut gut drauf!" Druckbetankung nennt man das wohl in der Luftfahrt.

Nach seiner rund zweimonatigen Zwangspause ist Rainer Brüderle wieder da. Der FDP-Fraktionschef war schlimm gestürzt und hatte sich mehrere Knochenbrüche zugezogen. Seit Montag mischt er im Wahlkampf wieder mit, gestern gab es den ersten öffentlichen Auftritt in Berlin. Und dabei beschwor die Partei so vehement den guten gesundheitlichen Zustand des 68-Jährigen, dass einem eigentlich Zweifel hätten kommen müssen. Zumal Brüderle die Parteizentrale noch humpelnd betrat, und seine Stimme häufig brüchig klang. Doch die Kampfeslust ist dem Liberalen im Krankenhaus und in der Reha nicht abhanden gekommen. "Von morgens um Sieben bis Mitternacht" mache er inzwischen wieder Termine, "ich bin hochmotiviert", orgelte Brüderle. "Also, Salve!"

Das Feuerwerk der Stimmungsbekundungen hat seine Gründe: Schwäche darf man im Wahlkampf nicht zeigen. Und in der Partei war in den vergangenen Wochen bereits spekuliert worden, ob Brüderle die Rolle der Wahlkampflokomotive überhaupt noch ausfüllen kann. Parteichef Rösler und Generalsekretär Patrick Döring hatten einen Teil seiner Termine übernommen, auch der einst vom Chefsessel vertriebene Ober-Liberale Guido Westerwelle machte kräftig mit - seine Auftritte würden von der Parteibasis angefragt wie lange nicht mehr, hieß es. Und Westerwelle, der Wahlkampf kann, genieße die zurückgekehrte Beliebtheit. Brüderle konnte nur zähneknirschend zusehen und vom Krankenbett aus Interviews geben. "Ich verspreche, Sie werden viel Freunde an mir haben", versicherte er daher gestern den Journalisten. Das klang freilich mehr wie eine Botschaft an die eigenen Reihen.

26 Großveranstaltungen will Brüderle jetzt bis zum Wahltag am 22. September absolvieren. Die Themen seien klar: Die FDP wolle keine Steuererhöhungen, sondern den Haushalt sanieren und die Bürger entlasten. "Ja, es brummt wieder, und wir haben es richtig gemacht", meinte er mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung. Eine große Rolle soll im Wahlkampf jetzt die Abschaffung des Solidaritätszuschlags spielen, möglichst rasch, aber "spätestens bis 2019" - also nach der übernächsten Bundestagswahl.

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