Serie Wahl-Ideen: Die „Pflicht zur Wiedergutmachung“

Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen neben Altbekanntem auch einige ungewöhnliche Ideen parat. Diese wollen wir in loser Folge vorstellen. Heute: Die Unions-Forderung nach einer „Pflicht zur Schadenswiedergutmachung“.

Die Idee: Die Union legt nach. Nachdem die Koalition in der ablaufenden Legislaturperiode bereits den Warnschuss-Arrest für jugendliche Straftäter eingeführt hat, der nach neuesten Statistiken übrigens nur selten angewendet wird, soll nun eine Pflicht zur Wiedergutmachung folgen. Freilich nach Rücksprache mit Opfern oder Hinterbliebenen, denn die müssen so etwas auch wollen. Wie die Wiedergutmachung konkret aussehen soll, lässt die Union in ihrem Progamm allerdings offen. Junge Menschen würden sich so aber "die Folgen ihres eigenen Handelns besser bewusst" machen, argumentieren CDU und CSU. Schnelle erzieherische Reaktionen zeigten zudem Grenzen auf und schützten mögliche Opfer. Die Wiedergutmachung soll also auch eine präventive Wirkung haben. Der Haken: Die Union suggeriert einen zu laschen Umgang mit jugendlichen Straftätern. Doch das ist falsch. Der Erziehungsgedanke, der hinter dem Jugendstrafrecht steckt, bewirkt vielmehr, dass gerade Straftaten von Jugendlichen schon heute konsequenter verfolgt werden als im Erwachsenenstrafrecht. So werden etwa Ermittlungen wegen Bagatelldelikten seltener eingestellt, die Anklagequote ist höher, und sogar Freiheitsentzug wird laut Studien öfter vom Jugendrichter verhängt. Die Bewertung: Politisch dient die Pflicht zur Schadenswiedergutmachung vor allem dazu, das Profil der Union beim Kampf gegen die Jugendkriminalität und bei der Inneren Sicherheit zu schärfen. Die Übergriffe beispielsweise in U-Bahnhöfen in den letzten Jahren haben das Sicherheitsempfinden vieler Bürger extrem beeinträchtigt. Gleichwohl ist richtig, dass das Vorhaben die Sicht wieder stärker auf die Opfer lenken würde, was dem deutschen Rechtssystem insgesamt gut täte. Dem jugendlichen Täter würde so vor Augen geführt, dass er bei seinem Opfer etwas gutzumachen hat. Doch sieht das Jugendgerichtsgesetz die Schadenswiedergutmachung bereits vor. Die Maßnahme müsste nur häufiger angewendet werden.

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