Serbischer Geheimdienst deckte Karadzic

Belgrad. Der am Montag verhaftete mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic ist jahrelang vom serbischen Geheimdienst gedeckt worden. "Der Geheimdienst hat in geschützt, der Geheimdienst hat ihn jetzt übergeben", sagte Innenminister Ivica Dacic der Zeitung "Press" in Belgrad

Belgrad. Der am Montag verhaftete mutmaßliche Kriegsverbrecher Radovan Karadzic ist jahrelang vom serbischen Geheimdienst gedeckt worden. "Der Geheimdienst hat in geschützt, der Geheimdienst hat ihn jetzt übergeben", sagte Innenminister Ivica Dacic der Zeitung "Press" in Belgrad. Der frühere Führer der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) könnte nach Angaben der Behörden schon am Wochenende an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert werden. Dort will er sich ohne Anwalt selbst verteidigen. Die Polizei habe mit der Verhaftung durch den Geheimdienst nichts zu tun, sagte Innenminister Dacic weiter. Er hatte als Chef der erst seit gut zwei Wochen in Belgrad mitregierenden Sozialisten (SPS) eine Festnahme von Karadzic abgelehnt und lediglich einer eventuellen freiwilligen Aufgabe des meist gesuchten Serben zugestimmt. Vertreter der pro-europäischen Parteien kritisierten, dass sich der SPS-Chef nicht deutlich hinter die Verhaftung gestellt habe. Karadzic soll wahrscheinlich am Wochenende, spätestens aber zu Beginn der nächsten Woche, an das Tribunal in Den Haag ausgeliefert werden, sagte der Sprecher der serbischen Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen, Bruno Vekaric. Der Anwalt des 63-Jährigen, Svetozar Vujacic, schloss die Auslieferung am Wochenende nicht aus und kündigte an, er werde am Freitag Einspruch gegen den Auslieferungsbeschluss einlegen. In diesem Fall muss ein höheres Gerichtsgremium sofort entscheiden und das Justizministerium zustimmen. Wie der noch während seines Prozesses in Den Haag an einem Herzinfarkt gestorbene frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic und der Nationalistenführer Vojislav Seselj werde sich Karadzic selbst verteidigen, stellte sein Anwalt in Aussicht. "Karadzic wird in Serbien ein Rechts- bzw. ein Expertenteam haben, das ihm bei der Verteidigung hilft, aber vor dem Haager Gericht wird er sich selbst verteidigen", sagte Vujacic. "Das wird auf die gleiche meisterhafte Art geschehen wie es Vojislav Seselj macht." Karadzic ist vom Tribunal wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Er war zwölf Jahre untergetaucht und hatte zuletzt als Alternativmediziner in einer Privatpraxis in Belgrad gearbeitet. dpa

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