Politiker testen sich am Wahl-O-Mat

Berlin · Er gehört mittlerweile zu Wahlen wie Plakate und TV-Duelle. Der „Wahl-O-Mat“ ist beliebt – und wichtig für die Parteien. Bei der Vorstellung der Ausgabe zur Europawahl setzten sich die Spitzenkandidaten in Szene.

Um sich klar zu machen, welche Bedeutung diese Online-Plattform für Wahlen bekommen hat, braucht man nur auf die Gästeliste zu schauen: Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) stellt zur Europawahl am 25. Mai den "Wahl-O-Mat" vor. Und alle Spitzenkandidaten sind dazu in die Bundespressekonferenz gekommen. David McAllister (CDU) und Martin Schulz (SPD) liefern sich ein Wettstreit darin, staatstragend zu lächeln. Für sie und ihre Kollegen der anderen Parteien ist der Termin Wahlkampfpflicht. Der "Wahl-O-Mat" ist für Millionen Deutsche zu einer wichtigen Abstimmungshilfe geworden.

Zu 38 Thesen wie "Die EU soll keine neuen Mitgliedsstaaten mehr aufnehmen" oder "Deutschland soll den Euro als Währung behalten" können Nutzer auf der "Wahl-O-Mat"-Internetseite ab sofort Stellung beziehen und so herausfinden, welche Partei inhaltlich zu ihnen passt.

Das sollte bei den Spitzenkandidaten, die die Plattform als erste ausprobieren dürfen, eigentlich klar sein. Eigentlich. Denn da passiert das Malheur: Während David McAllister, Martin Schulz, Rebecca Harms (Grüne), Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und Markus Ferber (CSU) Übereinstimmungen von bis zu knapp 99 Prozent schaffen, liegt die Linken-Spitzenkandidatin Gabi Zimmer daneben: Laut "Wahl-O-Mat" steht sie den Grünen näher als ihrer eigenen Partei. Zimmers Antwort kommt genauso prompt wie wahlkämpferisch. Die Grünen hätten beim Wahlprogramm halt abgeschrieben.

Der EU-Parlamentspräsident Schulz kommt zwar auf eine Übereinstimmung von fast 99 Prozent mit seiner eigenen Partei, aber immer noch auf gut 50 Prozent mit der Union - was ihm zu hoch ist: "Ich weiß gar nicht, was ich da falsch gemacht habe."

Die anwesende Politprominenz zeigt deutlich, wie bedeutend der "Wahl-O-Mat" der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auch für die Parteien geworden ist. Das Tool wurde alleine zur Bundestagswahl 2013 mehr als 13 Millionen mal genutzt - Rekord für das Angebot, das 2002 das erste Mal online ging.

Von so viel Aufmerksamkeit ist die Europawahl dagegen noch weit entfernt. Mitte April gaben 72 Prozent der Wahlberechtigten in einer Umfrage an, nur geringes oder gar kein Interesse an der Abstimmung am 25. Mai zu haben. Kann der "Wahl-O-Mat" die Deutschen aus ihrer Europawahl-Lethargie reißen?

FDP-Mann Lambsdorff ist sich da nicht so sicher. Schließlich sei der Wahl-O-Mat nur bei denjenigen beliebt, die sich ohnehin schon für Politik interessieren. bpb-Präsident Thomas Krüger sieht dagegen einen "Mobilisierungseffekt": 70 Prozent aller Nutzer planten, über die eigenen Ergebnisse zu reden. "Die Leute lassen sich motivieren", ist sich Krüger sicher.

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