Pofalla wechselt zur Bahn

Berlin · Der frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla soll Vorstandsmitglied bei der Deutschen Bahn werden. Als Beauftragter für politische Kontakte könnte er ein Millionen-Gehalt bekommen.

Der bisherige Kanzleramtsminister und enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ronald Pofalla, wechselt in den Vorstand der Deutschen Bahn. Das erfuhr die SZ aus gut unterrichteten Kreisen in Berlin. Der 54-jährige CDU-Politiker soll an der Spitze des Transportunternehmens ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen, das die Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfasst. Dem Vernehmen nach wird die Position mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet. Von der Bahn hieß es auf Anfrage lediglich, dass man zu Personalspekulationen grundsätzlich nicht Stellung nehme. Dementiert wurde der Sachverhalt nicht.

Der Wechsel kommt überraschend, denn Pofalla hatte sein Ausscheiden aus der Bundesregierung bisher damit begründet, dass er im neuen Jahr seine 32 Jahre junge Frau heiraten, eine Familie gründen und sich mehr dem Privatleben widmen wolle. Nur sein im Wahlkreis Kleve erneut direkt gewonnenes Bundestagsmandat wolle er behalten. Pofalla hatte als Kanzleramtsminister die Regierungspolitik koordiniert und war für Merkel ein wichtiger Helfer geworden. Zuletzt hatte er der "Steuerungsgruppe" der Koalitionsverhandlungen mit der SPD angehört. Sein Nachfolger im Kanzleramt ist der bisherige Umweltminister Peter Altmaier (CDU).

Allerdings sind Regierungsvertreter offenbar in den Wechsel eingeweiht, denn die Bahn gehört dem Bund; drei Staatssekretäre der Bundesregierung sitzen in ihrem Aufsichtsrat. Das Gremium soll sich im März mit der Personalie befassen und sie absegnen. Der Vorstand der "DB Mobility Logistics AG" wird mit der Entscheidung auf neun Personen aufgestockt; erst im letzten Jahr war das Gremium um eine Position erweitert worden. Der von Pofalla künftig verantwortete Bereich war bisher keinem Vorstand direkt zugeordnet. Für die politischen Kontakte ist unterhalb der Vorstandsebene derzeit der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Brunnhuber (65) zuständig. Brunnhuber wollte auf Anfrage nichts über den Personalwechsel oder seine eigene Zukunft sagen und verwies darauf, dass nur Bahnchef Rüdiger Grube dazu Auskunft gebe.

Pofalla hat Sozialpädagogik und später Jura studiert. Sein besonderes Steckenpferd ist das Arbeitsrecht und die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Er ist Vorsitzender der CDU Niederrhein. Negativschlagzeilen machte er im Sommer letzten Jahres, als er die NSA-Spähaffäre vorzeitig für beendet erklärte - kurz danach wurde bekannt, dass auch Angela Merkels Handy überwacht wurde.

Mit Pofallas Wechsel dürfte die Debatte um die Beziehungen zwischen Politik und Wirtschaft wieder aufleben. Zuletzt hatte der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), Kritik auf sich gezogen, weil er beim Autokonzern Daimler anheuerte, ebenfalls mit der Zuständigkeit für politisches Lobbying. Es war der Vorwurf einer zu engen Verquickung zwischen Politik und Industrie laut geworden. Allerdings ging von Klaeden nicht wie Pofalla in den Vorstand, sondern gehört nur der zweiten Reihe der Unternehmensführung an.

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