Paulis Parteitag läuft aus dem Ruder

Celle. Die Emotionen kochen hoch, es kommt beinahe zu Handgreiflichkeiten beim Parteitag der Freien Union mit der früheren CSU-Rebellin Gabriele Pauli an der Spitze. Die Kritiker, die der Parteichefin antidemokratischen Führungsstil vorwerfen, und die Sympathisanten prallen gestern in Celle aufeinander, beschimpfen sich gegenseitig

Celle. Die Emotionen kochen hoch, es kommt beinahe zu Handgreiflichkeiten beim Parteitag der Freien Union mit der früheren CSU-Rebellin Gabriele Pauli an der Spitze. Die Kritiker, die der Parteichefin antidemokratischen Führungsstil vorwerfen, und die Sympathisanten prallen gestern in Celle aufeinander, beschimpfen sich gegenseitig. Parteimitglieder befürchten, dass die Grabenkämpfe tiefer werden und die gerade erst gegründete Freie Union auseinanderfällt. Noch aber hält Parteichefin Pauli, die eine treibende Kraft beim Sturz des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) war, am Ziel fest, erfolgreich bei der Bundestagswahl am 27. September anzutreten. Trotz der offenen Querelen wurde sie gestern im Amt der Bundesvorsitzenden der Freien Union bestätigt und mit 93 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Die Konferenz läuft aus dem Ruder, als Pauli ihre beiden Stellvertreter Sabrina Olsson und Michael Meier, die sie der Ämter entheben will, kurzerhand aus dem Saal wirft und ihnen drei Minuten Zeit gibt. Hinein kommen sie auch nicht mehr, Pauli selber versperrt ihnen den Weg. Dann wird der Saal abgeschlossen, auch Journalisten werden nach dem Tumult ausgesperrt. Bei den Parteimitgliedern wächst unüberhörbar der Unmut, einige denken über Rücktritt nach. Die Pauli-Anhänger aber wollen gegen die "Störer" Olsson und Meyer vorgehen und streben ihren Parteiausschluss an. Sie hätten die Neuwahl des Vorstands boykottiert und an ihren Posten gehangen, den Aufbau der Partei aber behindert, kritisiert Pauli, die am Sonntagabend nach der Wahl drei neue Stellvertreter an ihrer Seite hat. Der bisherige Vorstand sei ihr zu bayernlastig gewesen, da die Freie Union bundesweit aktiv ist, sagt Pauli. Die erst im Juni gegründete Freie Union - ein bunter Haufen von Menschen, die bislang mit Politik meist wenig zu tun hatten -versinkt zeitweise im Chaos. "Wir sind gespalten und ich befürchte, dass sich die Partei jetzt selber zerfleischt", sagt der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg, Volker Kumpf. "Ich glaube, dass die Hälfte der Mitglieder austreten wird", meint Parteimitglied Werner Winkler. Er und auch andere sprechen von diktatorischen Verhältnissen. Draußen vor dem Tagungsraum wird die Parteivorsitzende mit Titeln wie "Pauli I." und "Moderne Kaiserin" verhöhnt. Die Kritiker halten die Versammlung in Celle für rechtswidrig. Fristen seien nicht eingehalten, der Parteitag sei von der Satzung nicht gedeckt. Mit solchen Vorwürfen melden sich auch die geschassten Stellvertreter Paulis, die Unternehmerin Olsson und der Rechtsanwalt Meier, am Sonntag immer wieder zu Wort. Gegen ihre von Pauli angestrengte Amtsenthebung gehen sie nun juristisch vor.

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