„Man braucht eine Chance“

Oberthal · Jugendliche mit ausländischen Wurzeln haben es bei der Lehrstellensuche oft schwerer als deutsche Mitbewerber, sagen Mervan Rostam und Artur Lehmann. Die beiden haben es geschafft – sie gehören zum Team der Firma Massar in Oberthal.

 Katharina und Martin Massar (v.l.) von der Firma Massar mit Lehrling Artur Lehmann und Mitarbeiter Mervan Rostam. Foto: Dietze

Katharina und Martin Massar (v.l.) von der Firma Massar mit Lehrling Artur Lehmann und Mitarbeiter Mervan Rostam. Foto: Dietze

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Der eine ist Auszubildender, der andere ist nach seiner Lehre gerade übernommen worden - und beide sind "glücklich und motiviert", weil ihnen die Massar GmbH für Wassertechnik in Oberthal "eine Chance gegeben hat". Denn Artur Lehmann und Mervan Rostam (beide 23) hatten es nicht leicht, eine Lehrstelle zu finden. "Ich habe so viele Bewerbungen verschickt und nicht eine Rückmeldung bekommen", sagt Lehmann, Azubi für Groß- und Außenhandel. An ihren Leistungen kann es nicht gelegen haben, meinen beide - mit ihrem guten Fachabitur. "Der Migrationshintergrund ist schon ein Problem", sagt Bürokaufmann Rostam.

Lehmanns Familie stammt aus Kasachstan, die Rostams kommen aus Syrien - beide jungen Männer wohnen fast ein Leben lang im Saarland. Trotzdem: "Wenn sie in der Bewerbung den Namen sehen, haben einige Firmen Vorurteile und laden einen erst gar nicht ein." Es sei "schade, dass man nicht mal eine Chance bekommt, sich zu beweisen", sagt Lehmann. Die brauche man doch. Das sieht Martin Massar genauso. Er ist Prokurist der Firma für Wasseraufbereitung, Schwimmbad- und Wellnessanlagen mit 22 Mitarbeitern. "Ausschlaggebend sollten die Leistungen und die Persönlichkeit des Bewerbers sein und nicht das, was im Pass steht." Massar ist hoch zufrieden mit seinen jungen Mitarbeitern. "Sie sind eine absolute Bereicherung." Im Bewerbungsgespräch hätten sie sich gegen mehrere Konkurrenten durchgesetzt. Einwandfreies Deutsch und gutes Auftreten seien gerade im Kundenkontakt Voraussetzungen für eine Ausbildung bei Massar, sagt der Prokurist. Das gelte aber für alle Bewerber. "Wir machen dabei keine Unterschiede."

Dass die Firma gleich den zweiten Azubi mit ausländischen Wurzeln in Folge hat, kam durch Zufall - und Eigeninitiative. Mervan Rostam bewarb sich nach dem Rat eines Bekannten als Azubi - und später riet er seinem Freund Artur Lehmann dasselbe. "Ich habe ihn hier vorgeschlagen", erzählt Rostam.

In Saar-Betrieben gab es 2012 nach Angaben des Statistischen Amts unter 19 423 Azubis 845 Ausländer. Nicht extra erfasst sind Azubis mit deutschem Pass, die aus Einwandererfamilien stammen - wie Lehmann und Rostam. Exakte Daten über den Zusammenhang zwischen Einwanderung und Chancen auf eine Lehrstelle gibt es nicht. Bundesweite Statistiken zeigen aber, dass es Bewerber aus Migrantenfamilien schwerer haben als deutsche Mitbewerber. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung fanden 2010 nur 28 Prozent der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Bewerber mit Migrationshintergrund eine Lehrstelle - und 42 Prozent derjenigen, die nicht aus Einwandererfamilien stammen. Nachteile resultieren demnach aus sozialen Faktoren wie Bildung oder fehlendem Selbstbewusstsein oder eben aus Vorurteilen. Rostam hat "Verständnis, wenn Landsleute von mir nicht eingestellt werden, weil sie sich keine Mühe geben". Aber eine Chance im Bewerbungsgespräch wünscht er sich für alle - egal, woher sie oder ihre Eltern stammen.

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Auf einen BlickEine dreijährige Ausbildung bietet die Höhere Berufsfachschule für das Hotel-, Gaststätten- und Fremdenverkehrsgewerbe in Saarbrücken ab August an. Der Ausbildungsgang richtet sich an Fachabiturienten und Abiturienten, die im Management der Hotellerie oder Gastronomie arbeiten wollen. Die Ausbildung umfasst zwei Jahre Schule und ein Jahr Praktikum im Ausland. Eine Anmeldung ist laut Schule noch bis Anfang der Sommerferien möglich. Auskünfte: Tel. (06 81) 9 33 42 00, E-Mail: info@tgbbz2-saarbruecken.de, Internet: www.tgbbz2-saarbruecken.de. kes

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