Woher der Wind weht

Heusweiler/Riegelsberg · Windkraftanlagen auch im Köllertal? Das Pro und Contra führte und führt zu engagierten und heftigen Debatten. Um den Überblick zu behalten, hier eine Chronologie der Ereignisse in der Windkraft-Frage.

Seit Wochen wird in Heusweiler und Riegelsberg kein anderes Thema so leidenschaftlich und so kontrovers diskutiert, wie der mögliche Bau von "Onshore-Windkraftanlagen" (Windräder auf dem Lande). Wenn man die Menschen fragt, sind fast alle gegen Atomkraftwerke wie in Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima oder Cattenom. Doch je näher die Möglichkeit rückt, dass auch im Köllertal ein Windrad aufgestellt wird, umso mehr Protest regt sich. Drei Bürgerinitiativen (Holz, Eiweiler, Riegelsberg) haben sich gegründet, die gegen den Bau von Windrädern mobil machen (wir berichteten mehrfach). Sie kritisieren insbesondere den zu geringen Mindestabstand, werfen den Entscheidungsträgern unter anderem aber auch vor, viel zu spät auf den möglichen Bau von Windrädern hingewiesen zu haben.

Tatsächlich gab es aber frühzeitige Hinweise, wie unsere Chronologie zeigt.Im Oktober 2010 befassten sich die Ortsräte der Gemeinde Heusweiler erstmals mit dem Thema Windkraft, nachdem die Landesregierung angekündigt hatte, den Landesentwicklungsplan Umwelt zu ändern, damit Windräder auch außerhalb der damaligen "Vorranggebete" entstehen können.

Die Ortsräte in Wahlschied und Eiweiler sprachen sich dagegen aus. Kutzhof, Holz, Niedersalbach, Heusweiler und Obersalbach stimmen zu. Nur zur Wahlschieder Ortsratssitzung erschienen Bürger - und die gleich in Massen. Weil der Holzer Ortsrat den Plänen der Landesregierung zugestimmt hatte, befürchteten die Wahlschieder, dass Windräder auf der Göttelborner Höhe gebaut werden könnten. Dem Ortsrat gelang es aber, die Bedenken zu zerstreuen. Im Dezember 2010 stimmte dann der Riegelsberger Gemeinderat den Plänen der Landesregierung zu. Einstimmig, bei Enthaltung von Jürgen Klein (FDP).

Im Frühjahr 2011 übernahm der Regionalverband die Planung möglicher Konzentrationszonen für Windkraftanlagen und informierte ab Oktober 2011 erstmals über die Medien und im Internet, welche Flächen in Frage kämen. Im Februar 2012 stimmten alle Ortsräte der Gemeinde Heusweiler und der Gemeinderat einer Verordnung der saarländischen Landesregierung zu, wonach es künftig möglich sein soll, auch in Landschaftsschutzgebieten Windräder zu bauen - falls dem keine landschaftsschutzrechtlichen Belange entgegenstehen.

Gemeinderäte waren dafür

Im Juni 2012 informierten die Gemeindewerke Heusweiler in der Kulturhalle, dass sie gemeinsam mit der Ökostrom Saar Windkraftanlagen bauen wollen. Als Standorte wurden die Kupp bei Obersalbach und Eiweiler-Kirschhof ins Auge gefasst. Anwesend waren 30 Zuhörer, die meisten davon Kommunalpolitiker.

Im September 2012 wurde erstmals im Riegelsberger Gemeinderat darüber informiert, wo Windräder in Riegelsberg aufgestellt werden könnten. Genannt wurde die Waldfläche an der A 1, zwischen Hilschbach und Holz (hinter dem Kaufland). Eine Handvoll Bürger besuchte die Ratssitzung.

Im Herbst 2012 legte der Regionalverband die Pläne für die in Frage kommenden Standorte in allen Rathäusern offen und organisierte Informationsveranstaltungen in Riegelsberg und Heusweiler - die Zahl der Zuhörer war gering.

Am 14. Oktober 2013 beschloss der Riegelsberger Gemeinderat einstimmig, dass Flächen für Windräder entlang der Fröhn und der Autobahn bis zum Kasberg sowie im Waldgebiet am Schocksberg ausgewiesen werden sollen. Man forderte aber einen Mindestabstand von 800 Metern. Drei Tage später beschloss der Heusweiler Gemeinderat mit großer Mehrheit, den Windrad-Bau nördlich von Eiweiler-Kirschhof sowie in Niedersalbach am Lohberg und in der Holzer Fröhn zu ermöglichen, forderte aber ebenfalls 800 Meter Abstand. Die FDP stimmte nicht zu und bestand auf einem Mindestabstand von 1000 Metern (was eine Realisierung eher unwahrscheinlich machen würde).

Am 23. Januar 2014 beschloss dann der Kooperationsrat des Regionalverbandes mit großer Mehrheit - gegen zwei Nein-Stimmen aus Heusweiler und Riegelsberg - den Flächennutzungsplan für Windkraftanlagen. Der Mindestabstand zur Wohnbebauung bleibt vorerst bei 650 Metern. Allerdings wird untersucht, ob sich dieser Abstand auch auf 800 Metern erweitern lässt. Mindestens bis zum Abschlus der Untersuchung muss ein 800-Meter-Abstand gewahrt werden. Ab sofort können Investoren im Regionalverband Saarbrücken eine Baugenehmigung für Windkraftanlagen beantragen.

Als die Windkraft-Diskussion im Oktober 2010 begann, war die Liste der Befürworter aus der Politik länger als die der Gegner. Ein paar Beispiele aus dieser Zeit: Adolf Schenk (SPD Eiweiler) lobte: "Die geplante Änderung des Landesentwicklungsplans Umwelt ist eine Option für die Zukunft. Die Kommunen hätten dann die Möglichkeit, etwas zu bauen, falls sie das wollen."

Uwe Müller (CDU Eiweiler) sagte: "Wer weiß, was in 20 oder 30 Jahren in Heusweiler ist. Da sollten wir uns keine Möglichkeiten verbauen."

Rüdiger Flöhl (NÖL Obersalbach) betonte: "Ich finde es wichtig und richtig, dass man erneuerbare Energien vorantreibt. Dem Lärm der Windräder und den Schlagschatten wurde Rechnung getragen. Die Laufgeräusche sind leiser geworden, die Technik ist weitergegangen."

Stefan Schmidt (SPD Heusweiler) sagte: "Wir haben keinerlei Bedenken gegen den Ausbau von Windkraftanlagen, wir sind gegen eine Verlängerung von Atomanlagen und für den schrittweisen Auslauf der Nutzung fossiler Energieträger. Deshalb müssen wir eine dezentrale Energieversorgung herstellen. Das heißt: Wir müssen dort Anlagen bauen, wo Strom gebraucht wird."

Wolfgang Raber (CDU Niedersalbach): "Es besteht doch ein breiter Konsens, aus der Atomenergie auszusteigen und den Anteil an erneuerbaren Energien, wie Sonne, Wind und Wasser, zu erhöhen."

Verantwortung abgewälzt?

Volker Christmann (CDU Riegelsberg) sagte: "Es macht keinen Sinn, in Berlin große Pläne zu schmieden, wenn die Sache auf lokaler Ebene blockiert wird. Die meisten im Gemeinderat haben es begrüßt, dass wir den Atomausstieg haben und Energie auf anderen Wegen gewinnen wollen. Dann sollten wir hier auch ein Zeichen setzen."

Aber es gab auch Mahner wie Michael Paul (CDU Eiweiler): "Die Landesregierung will auf Biegen und Brechen Gebiete für Windkraft schaffen und die Verantwortung auf die Kommunen abwälzen. Wenn wir dem zustimmen, machen wir ein Tor auf, ohne zu wissen, was dahinter lauert." Und es gab schon damals Gegner wie Willi Christmann (SPD Obersalbach): "Bei Windrädern in Heusweiler habe ich sehr viele Bedenken. Sie machen Krach, die Schlagschatten sind auch nicht gerade gut", die Landwirtschaft koste es Weideland.

Birgit Huonker (Linke Riegelsberg): "Ich bin gegen den Bau von Windkraftanlagen in Hilschbach", man wisse nicht, wie es mit Umweltverträglichkeit und Schallschutz aussehe.

Volker Leinenbach (CDU Heusweiler) sah voraus: "Zukünftig wären auf die Genehmigung von Windkraftanlagen gerichtliche Auseinandersetzungen nicht zu vermeiden, weil die Bürgerproteste zunehmen."

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