Neue Debatte um Wegwerf-Verbot für Essen: Verbraucherzentralen fordern Gesetz

Berlin/Saarbrücken · Viele Lebensmittel landen im Müll, obwohl sie noch gut für den Teller wären. Frankreich will Nahrungsverschwendung im Handel nun auch per Gesetz einen Riegel vorschieben – ein Vorbild für Deutschland?

 Künftig sind Restmüll-Entsorger nur montags und dienstags unterwegs: Der neue Abfuhr-Kalender gilt ab 6. Januar. Foto: EVS

Künftig sind Restmüll-Entsorger nur montags und dienstags unterwegs: Der neue Abfuhr-Kalender gilt ab 6. Januar. Foto: EVS

Foto: EVS

Supermärkte sollten unverkaufte Lebensmittel nicht mehr wegwerfen dürfen. Zudem sei eine gesetzliche Regelung, wie sie Frankreich eingeführt hat, sinnvoll, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller. Viele Händler und Caterer hierzulande spendeten bereits nicht mehr verkaufbare Lebensmittel an Tafeln. "Eine gesetzliche Pflicht würde also die schwarzen Schafe treffen, die das bisher noch nicht freiwillig machen."

In Deutschland landen nach einer Studie des Ernährungsministeriums pro Jahr elf Millionen Tonnen Nahrung von Verbrauchern, Handel, Industrie und Gastronomie im Müll. Davon stammen demnach 550 000 Tonnen aus dem Handel. Auf private Haushalte entfallen 6,7 Millionen Tonnen.

In Frankreich müssen Händler nach einem Anfang Februar beschlossenen Gesetz unverkaufte Nahrungsmittel spenden, verarbeiten, als Tierfutter verwenden oder kompostieren. Die Bundesregierung plant ein solches Wegwerf-Verbot nicht, wie das Ernährungsministerium bereits mitgeteilt hatte. Die Grünen-Expertin Nicole Maisch kritisierte, Minister Christian Schmidt (CSU ) richte sich "einzig und allein an die Verbraucher". Dagegen habe die Regierung in Frankreich erkannt, dass für weniger Lebensmittelverschwendung politische Maßnahmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette notwendig seien. Der Bundestag fordere seit Jahren verbindliche Zielvereinbarungen mit der Wirtschaft. "Das muss der Minister endlich anpacken." Auch die Saar-Landtagsabgeordnete Isolde Reis (SPD ) fordert ein Ende der Verschwendung. "Das darf so nicht weitergehen."

Der Handel hält ein solches Gesetz für unnötig. Die Branche gehöre seit langem zu den größten Unterstützern der über 900 lokalen Tafel-Organisationen, erklärte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Die Unternehmen engagierten sich aus freien Stücken, weil sie wüssten, dass ihre Spenden überschüssiger, qualitativ einwandfreier Nahrungsmittel einem guten Zweck dienten. Die "Zwangsverpflichtung per Gesetz" käme einer Geringschätzung dieses Einsatzes gleich. Verbraucherschützer Müller betonte: "Wie der Handel stehen auch Landwirte, Lebensmittelindustrie und die Verbraucher in der Pflicht." Nötig seien etwa auch verständlichere Angaben beim Mindesthaltbarkeitsdatum, ein Verzicht auf ausschließlich große Packungen und günstige Angebote von Lebensmitteln mit Schönheitsfehlern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort