Kubicki greift Westerwelle an

Berlin. Wolfgang Kubicki ist in seiner Partei dafür bekannt, dass er gerne zündelt. In seinem jüngsten Interview mit dem "Spiegel" spricht der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef indessen nur ganz nüchtern an, was wohl viele in der Partei denken. Die Lage der FDP sei prekär. "An der Basis hat die Auflösung schon begonnen. Die Austritte nehmen massiv zu

 Kubicki sieht die FDP kurz vor der Auflösung. Foto: dpa

Kubicki sieht die FDP kurz vor der Auflösung. Foto: dpa

Berlin. Wolfgang Kubicki ist in seiner Partei dafür bekannt, dass er gerne zündelt. In seinem jüngsten Interview mit dem "Spiegel" spricht der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef indessen nur ganz nüchtern an, was wohl viele in der Partei denken. Die Lage der FDP sei prekär. "An der Basis hat die Auflösung schon begonnen. Die Austritte nehmen massiv zu."

Die FDP ist nach dem ersten Regierungsjahr weit entfernt von dem Rekordergebnis der Bundestagswahl von knapp 15 Prozent. Seit einem halben Jahr hangelt sie sich in Umfragen an der existenzbedrohenden Fünf-Prozent-Marke entlang. Auch im aktuellen Emnid-Sonntagstrend verharrt sie bei fünf Prozent, teilweise lag die FDP in neueren Umfragen auch darunter. Kubicki vergleicht die Situation der FDP darum mit der Endphase der DDR. "Auf einmal war sie nicht mehr da." Und ihre Führung habe dies "bis zum Schluss nicht begriffen". Dem widersprach jedoch Saar-FDP-Chef Christoph Hartmann. Der Vergleich der FDP mit der zusammenbrechen DDR "ist sehr weit hergeholt", sagte Hartmann. Im kommenden Jahr stehen sieben Landtagswahlen an. Gleich im Februar in Hamburg sind die Aussichten für die Freidemokraten traditionell nicht sonderlich rosig. Doch wenn im März in der Liberalen-Hochburg Baden-Württemberg die Regierungsbeteiligung verloren geht, hat Guido Westerwelle ein ernstes Problem.

Kubicki legt Westerwelle mehr oder weniger direkt nahe, "bei wirklich dramatischen Niederlagen" zurückzutreten. Das ist bis zum Parteitag im Mai relativ unwahrscheinlich. Dagegen sprechen zwei wesentliche Gründe: Zu viele haben ihre Posten und Pfründe Westerwelle zu verdanken. Deren Mut zur Rebellion dürfte wenig ausgeprägt sein. Und zudem ist - das weiß auch Kubicki - keine ernstzunehmende Nachfolge in Sicht.

Die Kritik Kubickis dürfte Thema bei der Präsidiumssitzung an diesem Montag werden. Ob sie auch bei Westerwelle fruchtet, ist fraglich. Westerwelle wird nicht nur von Kubicki vorgehalten, beratungsresistent zu sein.

Im Präsidium wird laut Lindner ebenfalls die jüngste "Maulwurf"-Affäre der FDP um Westerwelles bisherigen Büroleiter Helmut Metzner behandelt. Am Wochenende wurde bekannt, dass Metzner offenbar auch Zugang zu geheimen Regierungsunterlagen hatte. Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" handelte es sich dabei um "fünf vertrauliche Regierungsunterlagen, die dem Geheimschutz unterlagen". dpa/afp

Meinung

Ins Schwarze getroffen

Von SZ-Korrespondent

Stefan Vetter

 Kubicki sieht die FDP kurz vor der Auflösung. Foto: dpa

Kubicki sieht die FDP kurz vor der Auflösung. Foto: dpa

Wolfgang Kubicki war schon immer für parteiinterne Provokationen gut. Mit seiner jüngsten Kritik am Zustand seiner FDP scheint der schleswig-holsteinische Liberale nun genau ins Schwarze getroffen zu haben. Davon zeugt jedenfalls die entrüstete Gegenreaktion aus der Berliner FDP-Zentrale. Im Kern steht die FDP so katastrophal da, weil ihre geweckten Erwartungen - Stichwort Steuersenkungen - so gar nichts mit dem Regierungsalltag zu tun haben. Kommt die FDP bei den Landtagswahlen 2011 unter die Räder, dürfte sich die Frage nach Westerwelles Verbleib im Parteivorsitz offen stellen.

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