Koalitionspoker vor der Wahl

Berlin · Soll die SPD jetzt schon eine große Koalition mit der Union ausschließen, auch wenn es nach der Wahl für Rot-Grün nicht reicht? Einige SPD-Politiker sind dafür, Kanzlerkandidat Steinbrück will keine formale Absage.

Die SPD will eine große Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl nicht formal ausschließen - aber alles dafür tun, um diese Option zu vermeiden. "Die Neuauflage einer großen Koalition will niemand in meiner Partei", sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gestern in Berlin. Für ihn persönlich gelte weiter, dass er nicht noch einmal in eine große Koalition eintreten werde. Definitiv ausgeschlossen sei zudem für die SPD eine rot-rot-grüne Koalition - inklusive einer rot-grünen Koalition unter Tolerierung der Linken. Aber er halte nichts davon, grundsätzlich vor Wahlen von vornherein der SPD oder anderen Parteien die Koalitionsfähigkeit in anderen Konstellationen abzusprechen, so Steinbrück. "Das ist bitte nicht so zu interpretieren, dass ich wieder ein Türchen offenlasse." Ziel sei eindeutig, diese Bundesregierung durch Rot-Grün abzulösen.

Auch Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner betonte: "Ich glaube, dass formale Beschlüsse nicht der richtige Weg sind". Die SPD müsse vielmehr inhaltlich darauf hinarbeiten, dass Rot-Grün eine Mehrheit bekomme, sagte er der "Frankfurter Rundschau". "Kein Mensch will die große Koalition", sagte Stegner, fügte aber hinzu: "Ausschließeritis vor Wahlen lockt das Wahlvolk nicht." Noch am Wochenende waren in der SPD Stimmen laut geworden, eine große Koalition formal auszuschließen. "Die SPD sollte überlegen, ob sie als Partei in Gänze der Union eine Absage erteilt", sagte der rheinland-pfälzische SPD-Fraktionschef Hendrik Hering. "Frau Merkel beherrscht das Regieren schlecht, gut indes beherrscht sie das Zerkleinern ihrer Koalitionspartner." Man dürfe den Wiederaufbau der SPD "nicht unnötig aufs Spiel setzen".

Eine solche Festlegung könne auf Anhänger und Wahlkämpfer motivierend wirken, hieß es weiter. Bei weiterhin schlechten Umfragezahlen eigne sich die heiße Wahlkampfphase im August als Zeitpunkt. Sollte es nicht für Rot-Grün reichen, müsse die SPD in die Opposition gehen, zitierte die "Bild am Sonntag" einen führenden, namentlich nicht genannten SPD-Landespolitiker.

Führende SPD-Politiker haben einer großen Koalition nach der Bundestagswahl am 22. September immer wieder eine Absage erteilt. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild am Sonntag": "Die große Koalition liegt hinter uns und nicht vor uns. Niemand in der SPD will dahin zurück."

"Wir Sozialdemokraten als gebrannte Kinder werden ein solches Bündnis nicht noch einmal zulassen", sagte Sachsens SPD-Landes- und Fraktionschef Martin Dulig.

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