"Kein Einsatz ist ein Spaziergang"
Berlin. Eines hat die deutsche Politik aus dem inzwischen mehr als elf Jahre andauernden Afghanistan-Einsatz gelernt: Vor Prognosen über die Länge und Entwicklung solcher Missionen sollte man sich hüten. Folglich geht Berlin an die neue Mali-Mission, für die das Bundeskabinett gestern gleich zwei Mandate auf den Weg brachte, sehr vorsichtig ran
Berlin. Eines hat die deutsche Politik aus dem inzwischen mehr als elf Jahre andauernden Afghanistan-Einsatz gelernt: Vor Prognosen über die Länge und Entwicklung solcher Missionen sollte man sich hüten. Folglich geht Berlin an die neue Mali-Mission, für die das Bundeskabinett gestern gleich zwei Mandate auf den Weg brachte, sehr vorsichtig ran. "Niemand kann heute sagen, ob der Einsatz ein, zwei oder drei Jahre dauern wird", sagt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Und auch dass es in Westafrika gefährlich werden könnte. "Kein Einsatz ist ein Spaziergang."Zunächst einmal sind die beiden Mandate zur Entsendung von bis zu 330 Bundeswehr-Soldaten in das westafrikanische Krisenland auf ein Jahr befristet: bis zum 28. Februar 2014. Das ist in solchen Fällen üblich. Auch im Bundestag legt sich niemand gern länger fest.
Die Truppe des afrikanischen Landes ist in einem desolatem Zustand. Vor dem Militärputsch im März 2012 gehörten ihr 7500 Soldaten an. Wie viele es heute sind, weiß niemand genau. Schätzungen schwanken zwischen 2000 und 3500 Soldaten. Die EU soll zunächst vier Bataillone ausbilden, also etwa 2500 Soldaten. Die Bundeswehr soll sich vor allem darum kümmern, Pioniere für die Regierungstruppen heranzuziehen. Ein paar tausend malische Sicherheitskräfte sollen also künftig eigenständig gegen die Islamisten ankommen, die über Monate den Norden des Landes unter Kontrolle hatten. Zum Vergleich: In Afghanistan hat die Nato eine Armee von mehr als 300 000 Soldaten aufgebaut. Mali ist doppelt so groß wie Afghanistan - es gibt nur nicht so viele hohe Berge.
Es gibt also viel zu tun für die Mali-Truppe der EU, der höchstens 500 Soldaten angehören sollen. Der deutschen Ausbildertruppe werden 40 Soldaten angehören. Hinzu kommen 40 Sanitäter und Ärzte, die ein Feldlazarett betreiben. Die Ausbildung soll nur in sicherer Umgebung stattfinden. Die Begleitung malischer Soldaten in Kampfeinsätze - wie in Afghanistan üblich - zählt nicht zum Kursprogramm.
Während sich die EU auf den Einsatz vorbereitet, sind gestern im Norden Kameruns sieben französische Touristen, darunter vier Kinder, von bewaffneten Männern entführt worden. Nach Angaben aus den Sicherheitskreisen werden die Entführer derzeit "entlang der Grenze zu Nigeria" gesucht. Bereits am Montag waren in Nigeria sieben ausländische Mitarbeiter einer Baufirma verschleppt worden. Die Entführer verwiesen dabei auf den internationalen Einsatz gegen die Rebellen in Mali. dpa/afp
Die Politik lernt dazu
Von SZ-RedakteurDaniel Kirch
Es ist ein großer Fortschritt, dass die Politik deutsche Soldaten nicht blauäugig nach Mali schickt, sondern mögliche Risiken des Einsatzes und nationale Interessen vorher klar benennt. Es geht nicht mehr, wie noch 2001 in Afghanistan, um den Export westlicher Demokratie-Vorstellungen, sondern um die eigene Sicherheit. Gewiss, Deutschland konnte sich dem französischen Ansinnen nach Truppen für Mali - gerade im Elysée-Jahr - nicht verschließen. Aber es gibt auch ein gewichtiges deutsches Interesse: Die von Islamisten in Mali ausgehende Gefahr ist uns deutlich näher als die in Afghanistan; Mali trennt nur ein Land vom Mittelmeer. Man mag über den Satz lächeln, aber er ist nicht falsch: Deutschlands Sicherheit wird auch in Mali verteidigt.