Karsai stoppt umstrittenes Ehegesetz

Kabul. Auf internationalen Druck hin hat die afghanische Regierung ihr neues Ehegesetz vorerst gestoppt. Dies bestätigte der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem Telefonat, wie eine Außenamtssprecherin am Wochenende sagte

Kabul. Auf internationalen Druck hin hat die afghanische Regierung ihr neues Ehegesetz vorerst gestoppt. Dies bestätigte der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem Telefonat, wie eine Außenamtssprecherin am Wochenende sagte. Laut Spanta habe der afghanische Präsident Hamid Karsai (Foto: afp) die Veröffentlichung des Gesetzes aufgehalten und eine juristische Überprüfung eingeleitet. Das Gesetz ist damit aber noch nicht endgültig vom Tisch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderten die afghanische Regierung auf, den Erlass endgültig zurückzuziehen. Merkel betonte, Karsais Schritt sei "dringend notwendig" gewesen. Sie betonte: "Wir kämpfen dafür, dass in Afghanistan alle Menschen vernünftig leben können, Männer und Frauen gleichermaßen." Auch US-Präsident Barack Obama protestierte gegen das geplante Gesetz: Er nannte es "abscheulich". Karsai hatte das Gesetz, das die Frauenrechte massiv einschränkt, erst kürzlich unterzeichnet. Das Gesetz, das stark an die Taliban-Herrschaft erinnert, schreibt schiitischen Frauen unter anderem vor, alle vier Tage Sex mit ihren Männern zu haben. Die Ehemänner haben außerdem das Recht, ihren Frauen die Berufstätigkeit und das Verlassen des Hauses zu verbieten. Das Gesetz wäre mit der Veröffentlichung in Kraft getreten, was nun gestoppt wurde. Die Schiiten stellen 20 Prozent der afghanischen Bevölkerung. Karsai hat mit dem Gesetz auf die Renaissance der Taliban reagiert, die in Pakistan und Afghanistan zunehmend an Macht gewinnen. Nach Beobachtungen westlicher Geheimdienste bereiten die Neo-Taliban in Afghanistan eine Großoffensive gegen die Isaf-Truppen vor. Bei den Neo-Taliban handele es sich um eine neue Generation islamischer Kämpfer, die mit neuen Kampfmethoden am Hindukusch Chaos hervorrufen wollen, erläuterte ein Experte des US-Auslandsgeheimdienstes CIA am Wochenende. Mit "möglichst viel Chaos" solle ein Umschwung in Afghanistan herbeigeführt werden.Im benachbarten Pakistan haben die Taliban in dem von ihnen besetzten Swat-Tal bereits wieder die Macht übernommen. Dort haben Mitte März sieben Richter die Arbeit aufgenommen, die nach dem islamischen Gesetz, der Scharia, Recht sprechen. Frauen haben dort keine Rechte mehr, sie dürfen nur noch in Begleitung das Haus verlassen.Karsai, der auch innenpolitisch mit starken Widerständen kämpfen muss, hatte das Ehegesetz, das die mühsam errungenen Frauenrechte wieder einschränkt, in aller Stille und ohne Parlamentsbeschluss erlassen. Er führt die Proteste auf "unangemessene oder nicht so gute Übersetzungen" zurück.

HintergrundAuf eine Patrouille der Bundeswehr ist gestern im nordafghanischen Kundus ein Anschlag verübt worden. Ein Fahrzeug des Typs Dingo wurde dabei stark beschädigt, Verletzte gab es jedoch nicht. Über die Art des Sprengstoffes und die Täter lagen zunächst keine Angaben vor. afp

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