Jung will Bundeswehr Geiseln befreien lassen

Berlin. Harsche Kritik aus den anderen Parteien hat der Vorstoß von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU, Foto: ddp) ausgelöst, für Geisel-Befreiungen durch die Bundeswehr das Grundgesetz zu ändern. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hob gestern hervor, dass deutsche Soldaten auch jetzt schon Geiseln aus der Hand von Piraten befreien könnten

Berlin. Harsche Kritik aus den anderen Parteien hat der Vorstoß von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU, Foto: ddp) ausgelöst, für Geisel-Befreiungen durch die Bundeswehr das Grundgesetz zu ändern. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hob gestern hervor, dass deutsche Soldaten auch jetzt schon Geiseln aus der Hand von Piraten befreien könnten. Vertreter von Grünen, FDP und Linke kritisierten Jung scharf. "Natürlich darf die Bundeswehr im Rahmen der Operation Atalanta vor dem Horn von Afrika Geiseln aus der Hand von Piraten befreien - dazu muss man das Grundgesetz nicht ändern", sagte Zypries der Berliner "Tageszeitung" sowie dem "Hamburger Abendblatt". Sie wies auch Jungs Begründung zurück, dass die Bundeswehr dann einschreiten solle, wenn die Polizei nicht rasch genug vor Ort sein könne. Mit Blick auf die Bundeswehr-Eliteeinheit KSK und das Polizei-Elitekommando GSG 9 sagte Zypries: "Ich wüsste nicht, warum das KSK schneller vor Ort sein sollte als die GSG 9." Bei einer Geiselbefreiung müsste auch die Bundeswehr ihre Spezialkräfte einfliegen lassen. Nach Ansicht der Justizministerin ist eine raschere Befreiung des gekaperten deutschen Schiffes "Hansa Stavanger" auch "nicht am Grundgesetz gescheitert". Dass man sich bei einem Befreiungsversuch gegen einen Einsatz des KSK und für die GSG 9 der Bundespolizei entschieden habe, "hatte rein operative Gründe". Als "groben Unfug" wies auch der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann den Vorstoß von Jung zurück. Jung und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollten nur den Einsatz der Bundeswehr im Inneren durchsetzen. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin nannte Jung einen "unbelehrbaren Wiederholungstäter". Dabei schrecke er auch nicht davor zurück, "die Tatsachen auf den Kopf zu stellen". Die Union müssen endlich begreifen, dass es "keine verfassungsändernde Mehrheit dafür gibt, das Kriegsrecht im Innern einzuführen". FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hielt Jung vor, das Drama um die "Hansa Stavanger" im Wahlkampf nutzen zu wollen. Petra Pau von der Linken nannte den Vorstoß von Jung "perfide". Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), unterstützte den Verteidigungsminister. "Jung hat völlig Recht. Piratenbekämpfung und Geiselbefreiung müssen für Deutschland möglich sein", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Kauder hob hervor: "Das kann nur die Bundeswehr, und deshalb muss das Grundgesetz geändert werden." Jung hatte der "Bild am Sonntag" gesagt: "Wir sollten über eine Verfassungsänderung nachdenken, die der Bundeswehr den Zugriff dann ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann." Eine Änderung des Grundgesetzes soll laut Jung sowohl Einsätze im In- als auch im Ausland umfassen. ddp

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