Israel bombardiert Ziele in Syrien

Tel Aviv · Israel will im Syrienkonflikt vor allem eines verhindern: Dass der Iran gefährliche Waffen an die Hisbollah im Libanon liefert. Nun sollen israelische Raketen in einem syrischen Armeezentrum eingeschlagen sein.

Schon zum dritten Mal in diesem Jahr bombardiert die israelische Luftwaffe ein Ziel nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Doch der Angriff in der Nacht zum Sonntag ist bisher mit Abstand der heftigste. Mit den Attacken verfolgt Israel eine ganz klare Absicht: Die Lieferung iranischer Raketen an die feindliche libanesische Hisbollah-Miliz soll verhindert werden. Doch mit den Angriffen riskiert Israel eine Zuspitzung der explosiven Lage in der Region. Ein israelischer Radiokommentator sprach gestern von der "größten Kriegshandlung" zwischen Israel und Syrien seit vier Jahrzehnten.

Israel und sein Erzfeind Iran lieferten sich inzwischen einen "offenen Kampf" auf syrischem Gebiet, meinte der Kommentator. Teheran benutzt Syrien schon seit Jahren als Transitland für Waffenlieferungen an die Hisbollah. Israels größte Sorge ist es, in den Kriegswirren und angesichts der zunehmenden Destabilisierung des Regimes von Baschar al-Assad könnten gefährliche Chemiewaffen in die Hände der Hisbollah gelangen. Diese Waffen werden als "Game changer" angesehen - sie würden das militärische Kräfteverhältnis grundlegend verändern.

Doch auch die Lieferung von konventionellen Waffen gilt für Israel als "rote Linie". Die jüngsten Angriffe auf ein Armeezentrum nördlich von Damaskus zielten nach Angaben des Rundfunks auf einen Konvoi mit Raketen des Typs Fateh-110 für die Hisbollah. Israels Ex-Verteidigungsminister Schaul Mofas sagte, der Angriff sende eine Botschaft an alle Feinde Israels, nicht nur den Iran. Hisbollah versuche mit dem Zusammenbruch der Strukturen in Syrien seine Machtposition in der Region auszuweiten und der Iran helfe der libanesischen Miliz dabei.

Der Syrien-Experte Eyal Zisser erklärt, Assad verstehe durchaus, dass die Angriffe nicht gegen Syrien gerichtet seien. "Im Moment ist die Tendenz aller Beteiligten, die Lage zu beruhigen - aber es ist nicht klar, wie lange sich dies aufrechterhalten lässt." Mit den Luftangriffen seit Januar habe Israel jedoch de facto eine "effektive Blockade" gegen Hisbollah verhängt. Doch es bleibt ein gefährliches Vabanquespiel. "Israel vollzieht einen Drahtseilakt", schrieb die Zeitung "Haaretz". Das Land müsse sich davor hüten, "sich in das syrische Durcheinander hineinziehen zu lassen". Das dürfte schwierig werden. Der syrische Vize-Außenminister Faisal al-Makdad bezeichnete die Luftschläge gestern als "Kriegserklärung". CNN sagte er, Syrien werde zu gegebener Zeit Vergeltung üben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort