Nach dem Wahl-Sonntag Zwei Männer setzen Merkel zu

Berlin · Die Wahlsiege von Kurz in Österreich und Weil in Niedersachsen schwächen die Kanzlerin weiter. Doch sie bleibt auf Kurs.

 Gewinner in Wien: Österreichs Wahlsieger Sebastian Kurz wird wohl ein unbequemer Partner für die Kanzlerin.

Gewinner in Wien: Österreichs Wahlsieger Sebastian Kurz wird wohl ein unbequemer Partner für die Kanzlerin.

Foto: dpa/Hans Klaus Techt

In die Defensive ließ sich Angela Merkel am Tag danach durch den Misserfolg ihrer Partei in Hannover nicht bringen. Erstens sei ja Rot-Grün abgewählt worden, und zweitens habe man drei Landtagswahlen in diesem Jahr gewonnen. Nein, geschwächt fühle sie sich nicht. „Wir gehen sehr selbstbewusst in die Gespräche“, sagte die Kanzlerin. Die Lage in der Union ähnelt im Moment einem Schwelbrand. Die Kritik ist nicht verebbt, wird aber zurückgehalten wegen der Koalitionssondierungen, die am morgigen Mittwoch beginnen.

Die meisten CDU-Vorstandsmitglieder betonten, dass in Niedersachsen Landesthemen über den Wahlausgang entschieden hätten. Selbst Bernd Atlhusmann verkniff sich Retourkutschen Richtung Berlin. Von „Mitleidseffekt“ für die im Bund gebeutelte SPD bis „zu wenig Zeit“ für seinen eigenen Wahlkampf reichten die Erklärungen des gescheiterten Niedersachsen-Herausforderers, der bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel gestern recht munter wirkte. Es gebe „keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen“, wiederholte er seinen Ausdruck vom Wahl­abend. Nur der CDU-Wirtschaftsrat meldete sich mit harscher Kritik zu Wort. Dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger erinnerte an den Abend der Bundestagswahl. „Die Wahlverlierer, die damals gesagt haben ‚Wir haben verstanden’, haben in Hannover gewonnen. Diejenigen, die erklärten, sie hätten ‚alles richtig gemacht’, sind diesmal Verlierer.“ Das zielte direkt auf Merkel. Allerdings gilt der Wirtschaftsrat in der Union als notorischer Querulant.

Die schwierige Situation von Horst Seehofer dürfte dazu beigetragen haben, dass offene Kritik an Merkel auch in München weitgehend unterblieb. Der CSU-Chef hatte in seinem Vorstand alle Mühe, die schwelende Personaldebatte erst einmal zu verschieben, und das war angesichts verschiedener Rücktrittsforderungen an diesem Montag für ihn das wichtigste. Erst die Sondierungen in Berlin, dann die Personalentscheidungen in München, so Seehofers Credo. „Es war mir wichtig, diese Schrittfolge einzuhalten.“ In die Tonlage seines Generalsekretärs Andreas Scheuer vom Wahlabend, dass Niedersachsen ein „erneutes Alarmsignal“ sei, fiel der CSU-Chef jedenfalls nicht ein. Allerdings ließ sich Seehofer im CSU-Vorstand den letzte Woche erzielten Kompromiss mit der CDU in der Flüchtlingsfrage absegnen. Dies müsse nun die Grundlage für Sondierungen sein.

Womöglich nachhaltiger als Niedersachsen wirkt in diesem Zusammenhang das österreichische Wahlergebnis auf den Streit der Schwesterparteien. Die Münchener pflegen beste Kontakte zum siegreichen ÖVP-Chef Sebastian Kurz. In der Flüchtlings- und Europapolitik habe man jetzt noch mehr Unterstützung, meinte Seehofer deshalb. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte, Österreich zeige, „dass Wahlen Mitte-rechts gewonnen werden können“. Kurz als Kronzeuge gegen Merkel. Doch die Kanzlerin wies das sehr offensiv zurück. Die Unterschiede in der Flüchtlingspolitik seien „im Konkreten nicht so groß“, meinte sie. Außerdem sei der eigentliche Wendepunkt beim Flüchtlingsthema das Türkei-EU-Abkommen gewesen. „Das wurde in der CDU nie richtig angenommen“, fand Merkel.

 Hätte besser laufen können: CDU-Kanzlerin Angela Merkel gerät durch die Siege der beiden Herren unter Druck.

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Foto: dpa/Michael Kappeler
 17SZ-LTW Niedersachsen+Sitze

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Foto: SZ/Müller, Astrid

Zum Schluss schoss die CDU-Chefin und Kanzlerin dann sogar noch einen Pfeil auf ihre innerparteilichen Gegner ab: Wenn man den Eindruck erwecke, es sei seit 2015 nichts passiert in der Flüchtlingsfrage, „dann muss man sich nicht wundern, dass die Menschen denken, die lösen die Probleme nicht“.

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