Nach der Österreich-Wahl Warum die Kurz-Wahl für Merkel Probleme bedeutet

Wien/Berlin · (dpa) Nach dem Sieg des Konservativen Sebastian Kurz in Österreich muss sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf neue Zeiten in der Zusammenarbeit einstellen. Zwar gehört seine ÖVP derselben EU-Parteienfamilie an. Aber nicht nur beim Thema Flüchtlinge liegt der bisherige Außenminister nicht auf Merkel-Linie.

Flüchtlinge: Kurz tritt für eine drastische Reduzierung der Geldleistungen für Migranten ein. Erst nach fünf Jahren Warten sollen Asylbewerber die volle Mindestsicherung bekommen, sofern sie in der Zeit mindestens ein Jahr gearbeitet haben. Die ÖVP will eine Neugestaltung des Asylsystems in Europa. Wer auf dem Mittelmeer aufgegriffen wird, soll in ein „Rescue Center“ außerhalb Europas gebracht werden. Kurz schwebt das unter Menschenrechtlern heftig umstrittene australische Modell vor. Dort werden Flüchtlinge auf einer Insel interniert. Merkel setzt auch gegen Widerstände in den eigenen Unionsreihen klar auf eine europäische Lösung, inklusive einer Verteilung von Flüchtlingen in der EU.

Europa: Kurz hält ein „Hineinregieren“ der EU in die Sozialpolitik für einen wunden Punkt. Er will die Familienbeihilfe für nicht in Österreich lebende Kinder gegen EU-Widerstand stark kürzen. Generell lautet sein Dreiklang: Strukturen verschlanken, EU-Kommission verkleinern und eine Direktwahl des Präsidenten der EU-Kommission. Merkel will der EU angesichts des Austritts Großbritanniens neue Impulse geben und ist offen für eine engere Kooperation.

Russland: Kurz will gegenüber Russland einen flexibleren Kurs, der die Dialogbereitschaft zwischen Ost und West fördert. Konkret: Wenn es im Konflikt in der Ostukraine schrittweise Fortschritte gibt, sollten die Sanktionen der EU auch schrittweise zurückgenommen werden. Er wolle „von einem System der Bestrafung zu einem System des Ansporns übergehen“, so Kurz, der aktuell auch Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist. Merkel pocht darauf, die Sanktionen gegen Moskau aufrechtzuerhalten, solange die Gründe dafür weiterbestehen – und will die Annexion der Krim ausdrücklich nicht stillschweigend hinnehmen.

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