Petry und Pretzell Das einstige „Traumpaar“ der AfD rechnet ab

Düsseldorf · Frauke Petry und Marcus Pretzell mischten die deutsche Politik auf wie kaum ein anderes Ehepaar. Jetzt kehren sie ihrer Partei gemeinsam den Rücken.

 Björn Höcke, Landesvorsitzender Thüringen spricht am 16.09.2017 in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD zu AfD-Anhängern . Foto: Stefan Sauer/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Björn Höcke, Landesvorsitzender Thüringen spricht am 16.09.2017 in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD zu AfD-Anhängern . Foto: Stefan Sauer/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa/Stefan Sauer

() Als „Traum-Paar der deutschen Politik“ waren Frauke Petry und ihr Ehemann Marcus Pretzell im Wahlkampf von ihren Anhängern gefeiert worden. Für manche AfD-Mitglieder dürften sich die eigensinnige Noch-Bundesparteichefin und der nicht minder widerborstige nordrhein-westfälische Landesvorsitzende inzwischen aber zum Alptraum entwickelt haben. Gestern setzte das stark polarisierende Paar zum Doppelschlag an: Kurz hintereinander kündigte zunächst sie in Dresden und dann er in Düsseldorf den Austritt aus der AfD an. Schon vor ihrem Einzug in den Düsseldorfer Landtag galt die AfD als zerstritten. Machtkämpfe sind in der Landespartei, die im Oktober ohnehin einen neuen Vorstand wählen wollte, bis heute nicht befriedet.

Jetzt ist das Chaos perfekt. „Die Fraktion ist überrascht worden“, bekennt ihr Vorstandsmitglied Helmut Seifen nach der Sitzung der 16 Landtagsabgeordneten. Pretzell habe hinter verschlossenen Türen angekündigt, zur nächsten Sitzung aus der Partei und Fraktion auszutreten. Sein Mandat will der 44-jährige Rechtsanwalt, der auch noch EU-Abgeordneter ist, aber behalten. Pretzell selbst will vor Journalisten nicht erklären, was ihn zu diesem Schritt bewogen hat. Bei anderen Gelegenheiten machte er deutlich, dass er ein wirtschaftsliberaler Pragmatiker sei. Gemeinsam mit Petry hat er versucht, die AfD auf einen für breitere Schichten wählbaren „Realo-Kurs“ zu führen und das vom thüringischen AfD-Chef Björn Höcke geprägte Rechtsaußen-Image loszuwerden. In der NRW-Landtagsfraktion werden zwei der 16 Abgeordneten dem Höcke-Lager zugerechnet.

„Höcke ist ein Randphänomen – da können Sie uns nicht verorten“, unterstreicht Seifen für seine Landtagsfraktion. „Die AfD ist nicht nazi-gefährdet. Das ist völliger Quatsch.“ Pretzell sei aber für sich zu dem Schluss gekommen, dass sich in der Partei insgesamt negative Entwicklungen abzeichneten, die möglicherweise nicht steuerbar seien. Pretzell habe in seiner Aussprache vor der Fraktion aber nicht präzisiert, ob er völkische Rhetorik oder Entgleisungen befürchte.

Eine Spaltung der AfD sieht Seifen nicht kommen. Der 63-jährige Oberstudiendirektor hält es auch für unwahrscheinlich, dass weitere AfD-Abgeordnete außer Pretzell und seinem Parteifreund Alexander Langguth die Fraktion und die Partei verlassen werden. „Die AfD ist die letzte Hoffnung, die vielen Wählern bleibt. Ihnen gegenüber haben wir eine Verpflichtung.“ Dies sei in der Diskussion Konsens gewesen. Dennoch werde die Entscheidung der beiden Abtrünnigen respektiert. „Ich würde das nicht als Desertieren bezeichnen.“

Die Grünen im Landtag finden für das Verhalten andere Begriffe. „Die AfD betreibt Wählertäuschung auf hohem Niveau“, kommentiert Grünen-Fraktionschefin Monika Düker „die Auflösungserscheinungen der AfD“. Der Landtag müsse nun schnell klären, welche Finanzmittel der geschrumpften Fraktion künftig noch zustünden.

Mit dem Abgang ihres provokanten Aushängeschilds Pretzell läuft die Landtagsfraktion jedenfalls Gefahr, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort