Grundschüler lesen gut und gern

Berlin. Die Lesefähigkeiten von Grundschülern in allen deutschen Bundesländern können sich im internationalen Vergleich sehen lassen. Das ergab ein nationaler Ergänzungstest zur Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu), den die Kultusministerkonferenz gestern in Berlin vorgestellt hat

Berlin. Die Lesefähigkeiten von Grundschülern in allen deutschen Bundesländern können sich im internationalen Vergleich sehen lassen. Das ergab ein nationaler Ergänzungstest zur Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu), den die Kultusministerkonferenz gestern in Berlin vorgestellt hat. Untersucht wurde zum Beispiel, wie gut Schüler am Ende der vierten Klasse literarische und Sachtexte lesen und verstehen können, aber auch, ob Kinder gern lesen und ob ihre Eltern sie dabei unterstützen. Das Ergebnis: 14 von 16 Bundesländern liegen über dem EU- und dem OECD-Mittelwert. Auch die Länder, die mit einer geringeren Punktzahl abgeschnitten haben, sind noch auf einem Niveau mit großen EU-Staaten wie Frankreich oder Spanien.Die Studie belegt jedoch auch, dass die Lesefähigkeiten in den Bundesländern teilweise sehr weit auseinander gehen. Am besten lesen die Grundschüler in Thüringen, Bayern und Sachsen, am schlechtesten in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Der Leistungsrückstand von Schlusslicht Bremen auf Spitzenreiter Thüringen beträgt demnach etwa ein Lernjahr. Schon im vergangenen Jahr war die allgemeine internationale Iglu-Rangliste veröffentlicht worden. Dabei landete Deutschland unter 45 Staaten auf dem elften Platz. Das Ergebnis der Ergänzungs-Studie sei insgesamt "sehr erfreulich", sagte die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen, "aber wir haben unsere Hausaufgaben noch nicht ganz erledigt". Die Zahl schwächerer Schüler müsse weiter verringert werden. Besonders müsse man sich darum bemühen, Kinder mit Migrationshintergrund zu fördern. Saarland auf Platz siebenDie Studie zeigt, dass der Leistungsabfall von Kindern, bei denen beide Elternteile im Ausland geboren sind, gegenüber deutschen Kindern in allen Bundesländern sehr hoch ist. Im internationalen Vergleich sind das mit die höchsten Differenzen. Ahnen sprach sich deshalb dafür aus, die Förder- und Betreuungsangebote bereits in der Vorschule auszuweiten und auch in den weiterführenden Schulen fortzusetzen. Der Vorsitzende des Grundschulverbandes, Horst Bartnitzky, hat unterdessen vor zu großer Zufriedenheit gewarnt. "Die Schulen sind nicht allmächtig", sagte Bartnitzky der Saarbrücker Zeitung. Der größte Teil an Lesemotivation müsse immer noch aus dem Elternhaus kommen. "Die Eltern spielen eine entscheidende Rolle in Bezug auf das Lesen."Die saarländischen Grundschüler landeten mit Platz sieben in der oberen Hälfte der deutschen Rangliste. In den einzelnen Untersuchungsbereichen lagen sie meist im deutschen Durchschnitt. Zwei Aspekte fallen jedoch aus der Reihe: Der Leistungsvorsprung der Mädchen gegenüber den Jungen ist vergleichsweise groß. Zudem können saarländische Grundschüler zwar leicht die wichtigsten Informationen aus einem gelesenen Text ziehen, tun sich aber schwer, Texte zu verstehen, die eigenes Hintergrundwissen erfordern. Im internationalen Vergleich waren nur neun von 45 teilnehmenden Staaten besser als das Saarland. Meinung

Der Knick kommt

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß Die jüngsten Ergebnisse der Iglu-Studie machen Hoffnung, dass der "Patient" in kleinen Schritten auf dem Weg der Besserung ist. Wer unter den Bildungspolitikern daraus aber nun den Rückschluss zieht, sich zurücklehnen zu können, der irrt. Denn zugleich haben die gestern vorgestellten Studien ein massives Problem offen gelegt: Die Leistungen vieler Schüler knicken beim Übergang in die weiterführenden Schulen zum Teil rapide ein. Das kann nicht nur mit den Strukturen des Schulsystems oder mit dem problematischen Alter erklärt werden, in das Jugendliche nach der Grundschule langsam hineinrutschen. Sondern nach wie vor gibt es zu viele pädagogische Defizite in den Schulen, was unter anderem mit zu wenigen und überforderten Lehrern zu tun hat. Aber auch indirekt mit Elternhäusern, die die Verantwortung für ihre Kinder einfach nur an die Schulen delegieren. Es ist erschreckend, wenn kürzlich in einer Studie 45 Prozent der 14-Jährigen sagen, sie hätten noch nie ein Buch geschenkt bekommen. Trotz Erfolgen bei Pisa und Iglu bleibt somit auf der Großbaustelle Bildung genug zu tun. Auf einen BlickDie Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverband Saarland, führt das gute Abschneiden im Lesetest in erster Linie auf die engagierte Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer an den saarländischen Grundschulen zurück. Als abwegig bezeichnet GEW-Landesvorsitzender Klaus Kessler die Behauptung der saarländischen Kultusministerin Kramp-Karrenbauer, dass die "Grundschulreform, das waren die Grundschulschließungen im Schuljahr 2005/06 und die danach erfolgte Erhöhung der Stundentafel, ein Grund für die gute Leseförderung in der Grundschule sei". Die Ministerin bezeichnete unterdessen "die gezielte Förderung von sozial benachteiligten Schülern mit Migrationshintergrund" weiter als eine große Herausforderung. Es bedürfe weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der individuellen Förderung. red

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