Geschäft mit Geldwäsche brummt

Berlin · Eine offene Wirtschaft und lasche Kontrollen – für Experten ist Deutschland ein Eldorado für Geldwäsche im Nicht-Finanzsektor. Eine Studie für das Finanzministerium zeigt, dass das Entdeckungsrisiko gering ist.

Kriminelle waschen in Deutschland nach Erkenntnissen einer neuen Studie wahrscheinlich Geld in einer Größenordnung von mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr. Das wäre etwa doppelt so viel wie die bisher angenommene Summe. Vor allem Deals außerhalb des Finanzsektors blieben unentdeckt - und damit ein Großteil aller illegalen Geschäfte , heißt es in der vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenen Untersuchung. Dabei gehe es vor allem um wertstabile und leicht handelbare Investitionsgüter wie Antiquitäten und Kunstgegenstände sowie Luxusgüter wie Uhren. Ein hohes und von den betroffenen Branchen häufig unterschätztes Risiko bestehe auch beim Immobilienhandel, im gesamten Baugewerbe, beim Boots- und Yachtverkauf sowie bei der Betreuung von Treuhand- und Anderkonten durch Juristen oder Vermögensverwalter.

Das "Dunkelfeld im Nicht-Finanzsektor" ist laut der Studie auf mindestens 15 000 bis 28 000 Verdachtsfälle jährlich zu schätzen. Das sind weit mehr als die tatsächlichen Anzeigen. Das geschätzte finanzielle Volumen der nicht gemeldeten Verdachtsfälle sei erheblich, heißt es. Es dürfte allein im Nicht-Finanzsektor 20 Milliarden bis 30 Milliarden Euro umfassen. "Das gesamte Geldwäschevolumen des Finanz- und Nicht-Finanzsektors Deutschlands zusammengenommen dürfte daher 50 Milliarden Euro übersteigen und sich wahrscheinlich in der Größenordnung in Höhe von über 100 Milliarden Euro jährlich bewegen", fasste das Ministerium die Ergebnisse zusammen. Die Studie zeige, dass Deutschland aufgrund seiner Attraktivität als Wirtschaftsstandort ein erhöhtes Geldwäscherisiko aufweise. Die Gelder kämen zu einem großen Teil auch aus dem Ausland. Als Gegenmaßnahme werde unter anderem ein Höchstbetrag bei der Bezahlung mit Bargeld vorgeschlagen. Die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor müsse verstärkt werden. Dies falle allerdings vollständig in die Kompetenz der Länder.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick warf dem Bundesfinanzministerium Versagen vor. Die "besondere Anfälligkeit" des Nicht-Finanzsektors sei schon "seit Jahren bekannt", erklärte er. Die Länder hätten den Bund bereits 2012 gebeten, die Zuständigkeit für Geldwäschebekämpfung in diesem Sektor zu übernehmen. Schick zufolge forderten sie damals die Einrichtung einer der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) vergleichbaren Behörde, die Kontrollaufgaben außerhalb der Finanzbranche wahrnehme. Dem habe sich die Regierung "verweigert". Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) müsse dies nun mit den Ländern nachholen.

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