Frankreichs Präsident stellt sich gegen das Spardiktat

Brüssel/Straßburg. Studenten, Landwirte, Forscher - sie sollen das Wachstum bringen, das Europa jetzt braucht. Frankreichs Staatspräsident François Hollande ist der Erste aus der Reihe der EU-Staats- und Regierungschefs, der vor dem Sondertreffen zum Finanzrahmen ab 2014 Position bezieht. "Einschnitte machen - Ja

 François Hollande predigt mehr Gemeinsinn in der EU. Foto: epa

François Hollande predigt mehr Gemeinsinn in der EU. Foto: epa

Brüssel/Straßburg. Studenten, Landwirte, Forscher - sie sollen das Wachstum bringen, das Europa jetzt braucht. Frankreichs Staatspräsident François Hollande ist der Erste aus der Reihe der EU-Staats- und Regierungschefs, der vor dem Sondertreffen zum Finanzrahmen ab 2014 Position bezieht. "Einschnitte machen - Ja. Die Wirtschaft schwächen - Nein!", lautete sein Appell, den er gestern vor dem Europäischen Parlament in Straßburg vorbrachte. Bei den Beratungen ab morgen sei "ein Kompromiss möglich, aber er muss vernünftig sein. Er darf nicht denen folgen, die den Etat über das vernünftige Maß hinaus amputieren wollen."

Ein Frontalangriff gegen den britischen Regierungschef David Cameron war das allemal. Ob es auch ein Seitenhieb auf die deutsche Kanzlerin sein sollte, muss sich erst noch zeigen. Merkel und Hollande wollten gestern in Paris ihre Vorstellungen über die mittelfristige Finanzplanung der EU abstimmen. Die Union braucht den Durchbruch. Es geht um fast eine Billion Euro, rund 80 Milliarden hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schon mal gestrichen, um Deutschland und Großbritannien entgegenzukommen. Hollande fürchtet nun, dass die Sparer die Oberhand gewinnen - und damit auch seinem Land schaden. "Die EU braucht ausreichend Mittel, um ihre Arbeit bewältigen zu können. Sonst ist die europäische Konstruktion gefährdet", betonte er gestern vor den Abgeordneten der 27 Mitgliedstaaten. "Der soziale Frieden ist bedroht, wenn es Regionen in dieser Gemeinschaft gibt, in denen jeder zweite junge Erwerbsfähige keinen Job findet", sagte der französische Präsident.

Außerdem brauche der Euro-Raum eine konsequente Wechselkurspolitik. Es könne nämlich nicht sein, "dass der Kurs der Gemeinschaftswährung frei nach Belieben der Finanzmärkte schwankt". Hollande kann sich der Unterstützung der EU-Parlamentarier sicher sein. Die sind zwar bei den entscheidenden Gesprächsrunden des Europäischen Rates, wie der EU-Gipfel offiziell heißt, nicht vertreten, müssen den Etat-Entwurf für 2014 bis 2020 aber danach billigen. Und sie sind entschlossen, Hollande zu folgen. "Zum ersten Mal in der Geschichte der EU führen die eingereichten Vorschläge zu einem Defizit", antwortete der französische Europa-Abgeordnete und Chef der konservativen EVP-Mehrheitsfraktion, Joseph Daul, dem Staatspräsidenten. "Die Folge davon: Wir sind 2012 nur knapp daran vorbeigeschrammt, Erasmus (das Förderprogramm für rund zwei Millionen Studenten, d. Red.) zu opfern und Tausende von jungen Akademikern zu bestrafen. Wir werden diesen Weg nicht weitergehen."

Dabei liegen Parlamentarier, Hollande, Merkel und andere gar nicht so weit auseinander. Zumal sie sich alle längst auf einen Wachstumspakt verständigt haben, zu dessen Kernpunkten gezielte Maßnahmen auch für jugendliche Arbeitslose in Südeuropa gehören. Aber bisher ist das noch ein Scheck, auf dem die exakte Summe fehlt, die dafür ausgegeben werden kann.

Meinung

Sparen oder wachsen?

Von SZ-Korrespondent

Detlef Drewes

 François Hollande predigt mehr Gemeinsinn in der EU. Foto: epa

François Hollande predigt mehr Gemeinsinn in der EU. Foto: epa

Die Mitgliedstaaten sitzen zwischen allen Stühlen: Einerseits haben sie sich zur Stabilisierung ihrer Finanzen eine Schuldenbremse verordnet. Andererseits sind Anreize, die sich lukrativ auf die nationalen Budgets auswirken, ohne Investitionen undenkbar. Und dazu gehören auch Finanzmittel, die sich nicht sofort in Euro und Cent auszahlen. Ob ein goldener Mittelweg darin besteht, dass man den siebenjährigen Finanzrahmen durchbricht und zu jährlichen Haushalten kommt, scheint fraglich. Psychologisch gesehen wäre man aber den Streit um astronomische Zahlen los. Unterm Strich bleibt jedoch die Aufgabe, genügend Geld einzusetzen, um die schwachen Mitglieder zu sanieren, damit sie mit den starken mithalten können. Und Kaufkraft generieren können, die allen nützt.

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