Europarat-Bericht wirft Thaci Organhandel im Kosovo vor

Straßburg/Brüssel. Der Regierungschef des Kosovo, Hashim Thaci (Foto: dpa), soll nach einem Bericht des Europarats jahrelang am Handel mit Organen serbischer Kriegsgefangener beteiligt gewesen sein. Thaci sei demzufolge nach dem Kosovo-Krieg Ende der 90er Jahre Chef einer mafiaartigen Gruppe gewesen, die auch Morde und andere Verbrechen begangen habe

Straßburg/Brüssel. Der Regierungschef des Kosovo, Hashim Thaci (Foto: dpa), soll nach einem Bericht des Europarats jahrelang am Handel mit Organen serbischer Kriegsgefangener beteiligt gewesen sein. Thaci sei demzufolge nach dem Kosovo-Krieg Ende der 90er Jahre Chef einer mafiaartigen Gruppe gewesen, die auch Morde und andere Verbrechen begangen habe. Diese Vorwürfe erhob der Schweizer Europarats-Abgeordnete Dick Marty, der auch über Geheimtransporte mit Terrorverdächtigen der US-Geheimdienste berichtet hatte, in einem Bericht. Die Anschuldigungen wurden von der Kosovo-Regierung in Pristina entschieden zurückgewiesen.

Im Kosovo, das sich vor knapp drei Jahren als von Serbien unabhängig erklärte, war Thacis Partei offiziellen Angaben zufolge bei den Parlamentswahlen am Sonntag mit 36 Prozent der Stimmen erneut Wahlsieger geworden. Die Opposition hatte jedoch von massiver Wahlfälschung gesprochen. Westliche Beobachter bezeichneten die Wahl aber als "positiv, rechtmäßig und fair".

Die Europäische Union forderte Marty auf, Beweise für seine erhobenen Vorwürfe den zuständigen Behörden vorzulegen. "Wir nehmen Vorwürfe bezüglich organisierten Verbrechens und Kriegsverbrechen immer sehr ernst", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Maja Kocijancic, gestern in Brüssel. Die EU habe deshal eigens die Rechtsstaatsmission Eulex im Kosovo stationiert. Diese sei nicht nur für die Ausbildung von Polizisten und Justizbediensteten zuständig, sondern ermittele auch selbstständig, wenn der Verdacht auf organisiertes Verbrechen oder Kriegsverbrechen vorliege.

In der Vergangenheit seien mehrere Vorgänge untersucht worden. So habe es beispielsweise für Gerüchte, in einem bestimmten Haus seien Gefangenen Organe entnommen worden, keine Beweise gegeben. Andere Ermittlungen über die Misshandlung von Gefangenen hingegen hätten zu Anklagen geführt.

Die Kosovo-Regierung bezeichnete Martys Bericht als falsch. "Diese Behauptungen kommen von einem Mann ohne Integrität, der von Serbien motiviert ist und darauf abzielt, die politische Lage im Kosovo zu beschädigen", sagte Innenminister Bajram Rexhepi. In einer Presseerklärung der Regierung wurden die Vorwürfe von Marty als "nicht hinnehmbare Fabrikationen" bezeichnet. Marty behauptete, die EU, die USA und die UN hätten von diesen Verbrechen gewusst, jedoch aus Sorge um die Stabilität des Kosovo nichts unternommen.

Der Generalsekretär des Europarates, der Norweger Thorbjörn Jagland, forderte eine Untersuchung der Vorwürfe: "Diese Behauptungen sollten durch ordentliche gerichtliche Untersuchungen zurückgewiesen oder bestätigt werden." Alle internationalen und nationalen Stellen sollten "ihr Möglichstes tun, um die Wahrheit ans Licht zu bringen". dpa

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