EU liberalisiert Gesundheitsversorgung

Luxemburg. Patienten in Europa können künftig selbst entscheiden, in welchem EU-Land sie zum Arzt gehen wollen. Nach langem Streit ist den Mitgliedstaaten bei der Liberalisierung der Gesundheitsversorgung in den wichtigsten Knackpunkten eine Einigung gelungen

Luxemburg. Patienten in Europa können künftig selbst entscheiden, in welchem EU-Land sie zum Arzt gehen wollen. Nach langem Streit ist den Mitgliedstaaten bei der Liberalisierung der Gesundheitsversorgung in den wichtigsten Knackpunkten eine Einigung gelungen. Bei ihrem gestrigen Treffen beauftragten die Gesundheitsminister Belgien, die geplante EU-Richtlinie bis zum Jahresende unter Dach und Fach zu bringen. Belgien übernimmt im zweiten Halbjahr 2010 die EU-Ratspräsidentschaft.Die Richtlinie soll erstmals festschreiben, zu welchen Bedingungen sich Europäer in einem anderen EU-Mitgliedstaat behandeln lassen können. Prinzipiell sollen geplante Krankenhaus- und Arztbesuche wie im Heimatland des Versicherten erstattet werden. Allerdings gilt ein "Genehmigungsvorbehalt", wenn eine angemessene Krankenhausbehandlung auch im eigenen Land möglich wäre. Die parlamentarische Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) begrüßte die Einigung. "Es wird ein spürbarer Mehrwert für die Bürger geschaffen", sagte Widmann-Mauz, die Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vertrat. "Durch die Regelung zur Kostenerstattung ist es möglich, auch mehr Auslandsbehandlungen in Deutschland durchzuführen." In Deutschland ist schon seit 2004 klargestellt, dass sich Krankenversicherte auch im EU-Ausland behandeln lassen können und dafür Kostenerstattung erhalten.Das Europaparlament, das der Direktive zustimmen muss, zeigte sich gespalten. Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber warnte vor einer "Unterhöhlung des deutschen Gesundheitssystems". "In Deutschland stünden für das eigene System immer weniger Mittel zur Verfügung, während die medizinische Infrastruktur im EU-Ausland durch die zahlungskräftigen und gut versorgten Patienten subventioniert wird", warnte Ferber. Als letzten Streitpunkt räumten die Minister die Frage der Gesundheitsversorgung deutscher oder britischer Rentner in Spanien aus dem Weg. Die Spanier hätten nun Rechtssicherheit erhalten, sagten Diplomaten.Grenzüberschreitende Arztbesuche in Europa stehen bereits seit gut einem Jahrzehnt auf der europäischen Agenda. 2008 legte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vor. Während sich das Europaparlament bereits in erster Lesung geeinigt hat, war das Dossier unter den Mitgliedstaaten heftig umstritten. Von der geplanten Richtlinie betroffen sind deutsche Rentner, die auf Mallorca leben, ebenso wie Zahnarztpatienten, die sich günstiger in Polen behandeln lassen wollen, oder Kranke, die in ihrem Heimatland auf langen Wartelisten für eine spezielle Behandlung stehen. dpa

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