Erfolg für Rechte in Österreich

Wien. Die österreichischen Wähler haben die Parteien der geplatzten großen Koalition mit historisch schlechten Ergebnissen abgestraft. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl kam gestern die sozialdemokratische SPÖ nach dem vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 29,7 Prozent der Stimmen, die konservative Volkspartei ÖVP lag bei 25,6 Prozent

Wien. Die österreichischen Wähler haben die Parteien der geplatzten großen Koalition mit historisch schlechten Ergebnissen abgestraft. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl kam gestern die sozialdemokratische SPÖ nach dem vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 29,7 Prozent der Stimmen, die konservative Volkspartei ÖVP lag bei 25,6 Prozent. Deutlich zulegen konnten dagegen die rechtspopulistischen Parteien FPÖ und BZÖ, die zusammen einen Stimmenanteil von 29 Prozent erreichten. Trotz der Verluste für SPÖ und ÖVP gilt eine Neuauflage der großen Koalition unter SPÖ-Spitzenkandidat Werner Faymann (Foto: rtr) als wahrscheinlich. Die SPÖ büßte nach den vom Innenministerium veröffentlichten Ergebnissen im Vergleich zu den Wahlen 2006 mehr als fünf Prozentpunkte ein. Die ÖVP des bisherigen Vizekanzlers und Finanzministers Wilhelm Molterer fiel sogar um fast neun Prozentpunkte. Sollten sich die Hochrechnungen bestätigen, wäre dies für die beiden Traditionsparteien nicht nur das schlechteste Wahlergebnis seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, sondern sogar seit der Gründung der österreichischen Republik im Jahr 1918. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) legte dagegen laut ARGE rund sieben Prozentpunkte auf 18 Prozent zu. Das von der FPÖ abgespaltene Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) des umstrittenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider konnte seinen Stimmenanteil auf elf Prozent mehr als verdoppeln. Als fünfte Partei übersprangen die Grünen mit 9,8 Prozent die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug in den Wiener Nationalrat. Das amtliche Endergebnis wird erst Anfang Oktober nach Auszählung der Briefwahlstimmen feststehen. Österreich steht nun vermutlich vor einer Neuauflage der großen Koalition. Faymann sagte in einer ersten Stellungnahme, dass er sich um Verhandlungen mit der ÖVP bemühen wolle. Eine Minderheitsregierung schloss der SPÖ-Spitzenkandidat nicht aus, nannte diese aber "nicht anstrebenswert". Einem Bündnis mit FPÖ und BZÖ erteilte Faymann erneut eine Absage: "Die haben nichts in der Regierung verloren." FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache warb dagegen für eine Zweierkoalition mit den Sozialdemokraten. Der ÖVP-Vorsitzende Molterer sprach von einer "schmerzlichen und dramatischen Niederlage" für seine Partei und machte die Arbeit der großen Koalition für die Verluste verantwortlich. Die um zwei Jahre vorgezogene Neuwahl war nötig geworden, nachdem die große Koalition aus SPÖ und ÖVP Anfang Juli nach nur anderthalb Jahren zerbrochen war. Nach wochenlangen Querelen trugen unter anderem eine gescheiterte Reform der Krankenkassen und ein Alleingang der SPÖ zu Volksabstimmungen über künftige EU-Verträge zum Bruch der Koalition bei. afpMeinung

Falsches Vorbild

Von SZ-Redakteur Jörg Wingertszahn Gewinner dieser Wahl sind - leider - die Rechtspopulisten. Die ÖVP wurde von den Rechtsaußen Strache und Haider überholt, und die SPÖ liegt gerade einmal gleichauf. Schuld daran ist zweifellos der Hickhack, den sich Rot und Schwarz in der großen Koalition geliefert haben. Gegenseitige Blockaden und Entscheidungsschwäche haben das rechte Lager stark gemacht. Da half es auch wenig, die Studiengebühren wieder zurückzunehmen oder kurzfristig eine Rentenerhöhung durchzupauken, von der noch keiner weiß, wie sie finanziert werden soll. Das kennen wir auch aus Berlin. Unsere Regierung sollte genau hinsehen, wie man es nicht macht. Von der Schwäche der Volksparteien profitieren am Ende immer die Gruppierungen am rechten oder linken Rand.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Kampf dem TerrorDie Nachrichten überschlagen sich: Nach der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen auf dem Flughafen Köln-Bonn sucht die Polizei intensiv nach Eric Breininger. Terrorexperten halten den Neunkircher, den sie wieder in Deutschland vermuten, f
Kampf dem TerrorDie Nachrichten überschlagen sich: Nach der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen auf dem Flughafen Köln-Bonn sucht die Polizei intensiv nach Eric Breininger. Terrorexperten halten den Neunkircher, den sie wieder in Deutschland vermuten, f