Drastischer Linksruck in Spanien

Madrid · Seit mehr als zwei Jahrzehnten hatten die Sozialisten versucht, den Konservativen deren Hochburg Madrid abzujagen. Der neuen Linkspartei Podemos könnte das Kunststück auf Anhieb geglückt sein.

Scharfer Linksruck in Spanien: Die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy erlitt bei Regional- und Kommunalwahlen drastische Stimmeinbußen. Die neue Linkspartei Podemos ("Wir können") errang überraschende Erfolge in den Millionenstädten Madrid und Barcelona.

Die Kandidatinnen von zwei lokalen Podemos-Bündnissen, Manuela Carmena und Ada Colau, könnten zu den neuen Bürgermeisterinnen der spanischen Hauptstadt und der katalanischen Metropole gewählt werden. Nach den gestern veröffentlichten Ergebnissen benötigen sie dazu allerdings die Unterstützung anderer Parteien.

Die Wahlen am Sonntag galten als ein wichtiger Test für die landesweite Parlamentswahl im Herbst. "Dieser Frühling markiert den Beginn eines politischen Wandels", sagte der Podemos-Parteichef Pablo Iglesias dem Radiosender Cadena Ser. "Bis zur Parlamentswahl werden wir in der Lage sein, den anderen Parteien den Sieg streitig zu machen."

Podemos war erst vor gut einem Jahr gegründet worden. Die Partei ist gegen die Sparpolitik der Rajoy-Regierung und versteht sich als eine Schwesterpartei des Linksbündnisses Syriza des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras .

Rajoys PP behauptete sich zwar als stärkste Kraft in Spanien, blieb landesweit mit 27,0 Prozent der Stimmen aber um 10,5 Prozentpunkte hinter ihrem Ergebnis von 2011 zurück. Die Konservativen dürften in mehreren Regionen und zahlreichen Städten von Linkskoalitionen von der Macht verdrängt werden. Besonders schmerzlich ist für sie der Verlust ihrer Hochburgen Madrid und Valencia, wo die PP seit über zwei Jahrzehnten die Bürgermeister gestellt hatte.

Die Sozialisten (PSOE ) blieben mit 25,0 Prozent stärkste Kraft im Lager der Linken, bekamen aber 2,8 Punkte weniger als vor vier Jahren. Die meisten Stimmen gewann die PSOE in Asturien und Extremadura. Zudem könnte sie - mit Hilfe von Podemos - die PP in sechs weiteren Regionen stürzen. Podemos war nicht landesweit angetreten, sondern hatte lokale Wahlbündnisse unterstützt.

Meinung:

Rajoy vor dem Ende

Von SZ-MitarbeiterRalph Schulze

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy muss sich nach diesem Debakel seiner Konservativen darauf einstellen, dass seine Zeit als Regierungschef abläuft. Ende des Jahres stehen in Spanien nationale Parlaments- und Regierungswahlen an. Und wenn bis dahin nicht noch ein politisches Wunder geschieht, dürfte ihn dann gleichfalls der Zorn der Wähler über die verbreitete Selbstbedienungsmentalität treffen. Zumal auch auf Rajoy, der seit über zehn Jahren Parteichef ist, lange Schatten fallen. Er vermochte bisher nicht zu erklären, warum er von Schmiergeldgeschäften seiner Vertrauten angeblich nie etwas mitbekommen hat.

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