Gelbwesten Paris sieht in Dauer-Protesten „Katastrophe“

Paris · Die Demonstrationen der „Gelbwesten“ stürzen Frankreich in eine politische Krise und treffen auch die Wirtschaft des Landes immer härter.

(afp/dpa) Brennende Barrikaden und fast 2000 Festnahmen: Nach erneuten Ausschreitungen bei Protesten der „Gelbwesten“ schlagen Vertreter der französischen Regierung Alarm. Die Gewalt vor allem in Paris sei eine „Katastrophe für den Handel, sie ist eine Katastrophe für unsere Wirtschaft“, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire gestern bei einem Besuch von betroffenen Ladenbesitzern in der Hauptstadt. „Wir müssen mit einer erneuten Verlangsamung des Wirtschaftswachstums rechnen“, erklärte er. Gleichzeitig sprach er von einer „sozialen Krise“ sowie von einer Krise der Demokratie und der Nation. Auch Außenminister Jean-Yves Le Drian zeigte sich besorgt. „Ich weiß, wie zerbrechlich die Demokratie ist“, betonte er. Dass einige Demonstranten zu einem „Aufstand“ aufrufen, beunruhige ihn.

Die Proteste der „Gelbwesten“ in Paris waren im Verlauf des Samstags zunehmend in Gewalt umgeschlagen. In der Nähe der Champs-Elysées bewarfen Demonstranten die Polizei mit Knallkörpern und Pflastersteinen. Sie steckten Barrikaden und Autos in Brand. Die Polizei war diesmal allein in der Hauptstadt mit einem Großaufgebot von 8000 Kräften im Einsatz, um einen weiteren „Schwarzen Samstag“ zu vermeiden. Am Wochenende zuvor hatte es bürgerkriegsähnliche Szenen mit mehr als 130 Verletzten und Sachschäden in Millionenhöhe gegeben. Die Sicherheitskräfte griffen diesmal früher ein und nahmen nach Taschenkontrollen hunderte Gewaltbereite fest, die Messer und Baseballschläger bei sich führten. Erstmals kamen auch gepanzerte Räumfahrzeuge zum Einsatz.

In Paris blieben zahlreiche Touristen-Attraktionen wie der Eiffelturm und der Louvre sowie unzählige Geschäfte aus Furcht vor Chaos und Plünderungen geschlossen, es waren deutlich weniger Menschen in der Innenstadt unterwegs als normalerweise an Adventssamstagen. Frankreichs Einzelhändler beklagen schon jetzt Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe.

In ganz Frankreich beteiligten sich diesmal nach Angaben des Innenministeriums rund 136 000 Menschen an den Kundgebungen. Ihnen standen insgesamt 89 000 Sicherheitskräfte gegenüber. Auch außer­halb von Paris kam es zu Gewalt: Unter anderem in Lyon, Toulouse und Bordeaux gab es Zusammenstöße, landesweit wurden mehr als 260 Menschen verletzt.

In Belgien und den Niederlanden gingen am Wochenende ebenfalls „Gelbwesten“ auf die Straße. In Deutschland solidarisierte sich die Linkspartei mit der Bewegung. Ihr „Widerstand gegen den neoliberalen und autoritären Kurs“ von Präsident Macron sei „berechtigt“.

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