Deutschland wird bei Armut immer mehr zum Flickenteppich

Wiesbaden/Saarbrücken. Armer Osten, reicher Westen - dieses Klischee stimmt nicht mehr. Auch in manchen alten Bundesländern steigt das Armutsrisiko, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) gestern berichtete. Inzwischen liegt sogar ein Westland auf Platz eins: Bremen. 22,3 Prozent der dortigen Bevölkerung galten 2011 als armutsgefährdet

Wiesbaden/Saarbrücken. Armer Osten, reicher Westen - dieses Klischee stimmt nicht mehr. Auch in manchen alten Bundesländern steigt das Armutsrisiko, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) gestern berichtete. Inzwischen liegt sogar ein Westland auf Platz eins: Bremen. 22,3 Prozent der dortigen Bevölkerung galten 2011 als armutsgefährdet. Im Saarland waren es 15,6 Prozent, leicht mehr als im Durchschnitt aller Bundesländer (15,1). SPD, Linke und Grüne sehen in den Zahlen einen Auftrag zum raschen Handeln."Die Armutsgefährdung der Menschen lag im Jahr 2011 in den meisten Bundesländern über dem Niveau des Jahres 2010", berichtete Destatis-Mitarbeiter Johannes Proksch. "Auch im Ost- und Westvergleich gibt es weiterhin deutliche Unterschiede bei den Armutsgefährdungsquoten." Hatten 2011 im früheren Bundesgebiet 14 Prozent der Bevölkerung ein erhöhtes Armutsrisiko, waren in den neuen Ländern 19,5 Prozent der Menschen armutsgefährdet. So richtig erklären können sich Wirtschaftswissenschaftler die neuen Zahlen nicht. "Seit 2005 hat sich die Arbeitslosigkeit fast halbiert. Es ist überraschend, dass die Armutsgefährdungsquote bislang nicht darauf reagiert", wundert sich Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Einen Grund sieht er in der Zunahme "prekärer" Beschäftigung.

"Deutschland ist zu einem Flickenteppich geworden, was die Armut anbelangt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Anstelle der Zweiteilung in Ost und West sieht er inzwischen eine Dreiteilung: ein wohlhabender Süden, ein armer Osten - plus Länder im Westen, in denen immer mehr Menschen arm sind. dpa

Hintergrund

Als armutsgefährdet gelten laut EU-Definition Menschen, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen müssen. Das waren 2011 laut Mikrozensus in Deutschland Einpersonen-Haushalte mit weniger als 848 Euro. An diesem bundesweiten Vergleichswert werden die Länder gemessen - auch wenn die Mieten in München teurer sind als in Stralsund. dpa

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