Deutsch-französische Liebesschwüre

Paris/Berlin. Manchmal kann schon ein Halbsatz verfänglich sein. Der Kanzlerin rutschte ein solcher gestern bei ihrem gemeinsamen Presseauftritt mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy heraus. Als Angela Merkel das Raunen der Journalisten vernahm, schränkte sie ihre angekündigte bedingungslose Unterstützung für den agilen Franzosen aber wieder ein

Paris/Berlin. Manchmal kann schon ein Halbsatz verfänglich sein. Der Kanzlerin rutschte ein solcher gestern bei ihrem gemeinsamen Presseauftritt mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy heraus. Als Angela Merkel das Raunen der Journalisten vernahm, schränkte sie ihre angekündigte bedingungslose Unterstützung für den agilen Franzosen aber wieder ein.Auf die Frage nach ihrer umstrittenen Wahlkampfhilfe für Sarkozy vor der Präsidentenwahl im April antwortete Merkel: "Ich unterstütze Sarkozy in jeder Façon, weil wir einfach zu befreundeten Parteien gehören - egal was er tut." Nach dem "Oh là là" der Medienvertreter schob Merkel nach: "In Bezug auf die Kandidatur, wollte ich nur sagen." Dann musste sie lachen. Merkel und Sarkozy - längst firmiert das Duo unter "Merkozy" - hinterließen nach dem 14. deutsch-französischen Ministerrat im Elyséepalast wieder mal den Eindruck, dass kein Blatt zwischen sie passe.

Dieses Bild bestätigte sich nur wenige Stunden später erneut. Im ersten gemeinsamen Fernsehinterview der beiden Staatschefs, das vom ZDF und dem französischen Sender France 2 aufgezeichnet wurde, verteidigte Merkel ihre Wahlkampf-Hilfe für Sarkozy erneut. Ob sie denn auch den sozialistischen Herausforderer von Sarkozy, François Hollande, demnächst im Kanzleramt empfangen werde, wurde sie gefragt. "Wir haben das noch nicht entschieden", so Merkel. Stattdessen erinnerte die Kanzlerin daran, dass anfangs die Zusammenarbeit mit Sarkozy nicht immer ganz einfach war. Sie beide hätten es aber "aus historischer Verantwortung und auch aus persönlicher Zuneigung" getan.

Das Treffen von Merkel und Sarkozy in Paris war womöglich das letzte des deutschen Kabinetts mit der französischen Regierung unter Sarkozy. In Umfragen liegt dieser klar hinter François Hollande. Entsprechend gelassen reagierte Hollande gestern auf Merkels Unterstützung für Sarkozy: Es spreche Bände, dass Sarkozy die Unterstützung von Merkel brauche, so der Herausforderer gestern bei einem Auftritt in Dijon.

Mit Hollande könnte es Merkel viel schwerer haben. Er kündigte für den Falle seines Wahlsiegs an, den eben mühsam ausgehandelten EU-Sparpakt nicht zu akzeptieren. Merkel dürfte aber auf die alte Lehre setzen, dass Forderungen von Oppositionsparteien nach deren Wechsel in die Regierung oft ganz anders klingen. Hollande, der zu Gast beim SPD-Bundesparteitag im Dezember war, hat mit seinem angedrohten Nein zum Fiskalpakt übrigens auch bei den deutschen Sozialdemokraten für Unruhe gesorgt.

Die Opposition in Frankreich versucht, Sarkozy wegen seiner Deutschland-Nähe als Schwächling darzustellen, der an Merkels Rockzipfel hänge und die Eigenheiten Frankreichs ignoriere. "Wenn man in einer Situation der Schwäche ist, geht man nicht nach Berlin zur Partnersuche und lässt sich an die Hand nehmen. Das ist ein diplomatischer Fehler", schimpfte jüngst Sarkozys Ex-Parteifreund Dominique de Villepin, der als unabhängiger Kandidat antreten will.

Sarkozy macht eine Tugend daraus. Aufgabe eines französischen Präsidenten sei, sich an gut funktionierenden Ländern zu orientieren. Deutschlands Kreditwürdigkeit ist anders als Frankreich in den Augen der Ratingagenturen noch als erstklassig zu bewerten. Sarkozy schwärmte: "Ich hege Bewunderung für Frau Merkel." Die Kanzlerin leite und lenke Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohnern gut, das Land sei erfolgreich. "Wir wollen eben auch diese Fortschritte erreichen." dpa/afp

Foto: Langsdon/dpa

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