Der Staatsanwalt soll geplaudert haben

Hannover · Die Vorwürfe gegen den niedersächsischen Juristen Frank Lüttig wiegen schwer. Der Chefankläger der Generalstaatsanwaltschaft soll vertrauliche Infos weitergegeben haben. Jetzt wird gegen ihn ermittelt.

Für Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist Frank Lüttig nur der "Generalbluffanwalt". In seinem 2014 erschienenen Buch "Ganz oben Ganz unten" taucht der Celler Generalstaatsanwalt immer wieder auf. Und es sind keine Lobhudeleien, die Wulff zu Papier bringt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Göttingen Ermittlungen gegen den Celler Chefankläger eingeleitet. Der Verdacht: Geheimnisverrat in den Fällen Christian Wulff und Sebastian Edathy .

Knapp ein Jahr nach dem Ende des Wulff-Prozesses ist mit Lüttig mindestens eine Schlüsselfigur aufseiten der Staatsanwaltschaft ins Visier der Ermittler geraten. Gegen wen die Jusitz in dem Fall noch aktiv ist, will Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) aus taktischen Gründen noch nicht sagen. Gut möglich, dass da ein noch prominenterer Name ans Tageslicht kommt.

In Hannover kocht die Gerüchteküche längst wieder hoch. Der frühere CDU-Justizminister und amtierende Landtagspräsident Bernd Busemann geht sogleich in die Offensive: Er habe "zu keinem Zeitpunkt" Informationen zu Ermittlungsverfahren weitergeleitet, sagt er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Es wirkt im Rückblick fast ironisch, wie Lüttig im Oktober bei einer Veranstaltung in seiner Behörde das Spannungsfeld zwischen Justiz und Medien umschrieb: "Kritik ist der Strafjustiz und ihren Protagonisten immer gewiss." Entweder sie gebe Informationen preis, riskiere Vorwürfe und verletzte die Unschuldsvermutung - "oder sie schweigt und wird deshalb von den Medien angegriffen".

Und jetzt droht dem bislang unbescholtenen Juristen Lüttig nicht nur ein Strafverfahren, an dessen Ende eine Haft- oder Geldstrafe drohen könnte. Auch aus beamtenrechtlicher Sicht droht ein Super-Gau. Sowohl seine Altersbezüge als auch seine Reputation stehen auf dem Spiel. In Hannover heißt es seine Suspendierung sei nur noch eine Frage der Zeit.

Doch es geht nicht nur um den Fall Wulff. Auch dessen einstiger Sprecher Olaf Glaeseker und der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy zählen zu den Prominenten, deren Akten in den vergangenen Jahren über Lüttigs Schreibtisch gingen. Dabei ist die Sachlage im Kinderporno-Verfahren gegen Edathy besonders pikant. Am Montag soll in Verden der Prozess beginnen. Und wie Wulff seinerzeit hat auch Edathy wiederholt über Indiskretionen aus Reihen der Ermittler geklagt.

Auch mit Blick auf den seit Monaten laufenden Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre sind die Ermittlungen gegen Lüttig von besonderer Bedeutung. Sein Name steht auch auf einer Liste möglicher Zeugen, die befragt werden sollen. Gut möglich, dass er dort von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen wird.

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