Denkzettel für Frankreichs Präsidenten

Paris. Frankreichs konservative Regierungspartei UMP hat bei der zweiten Runde der Kantonalwahlen am Sonntag, dem letzten Stimmungstest vor den Präsidentschaftswahlen in einem Jahr, eine herbe Niederlage einstecken müssen. Während die linke Opposition als Sieger hervorging, konnte die rechtsextreme Partei Front National (FN) in den Stichwahlen erneut große Stimmengewinne verzeichnen

Paris. Frankreichs konservative Regierungspartei UMP hat bei der zweiten Runde der Kantonalwahlen am Sonntag, dem letzten Stimmungstest vor den Präsidentschaftswahlen in einem Jahr, eine herbe Niederlage einstecken müssen. Während die linke Opposition als Sieger hervorging, konnte die rechtsextreme Partei Front National (FN) in den Stichwahlen erneut große Stimmengewinne verzeichnen. In all den Kantonen, in denen FN-Kandidaten antraten, legte sie im Vergleich zur ersten Runde vor einer Woche zu. So steigerte der FN sein Ergebnis bei Stichwahlen gegen Kandidaten der Linken von 25 auf 35,5 Prozent und bei Duellen mit der bürgerlich Rechten von 26 auf 36,5 Prozent.Landesweit dagegen kam die Partei Marine Le Pens lediglich auf 11,7 Prozent, da sie im zweiten Wahlgang nicht überall angetreten war. Die UMP-Partei von Präsident Nicolas Sarkozy (Foto: dpa) kam im Landesdurchschnitt auf 20,3 Prozent, die Sozialisten auf 35,7 Prozent.

Auch wenn die Wahlbeteiligung mit 45 Prozent einen neuen Tiefstand erreichte, ist der Vormarsch des rechtsextremen FN nicht mehr zu leugnen. Die von Jean-Marie Le Pen gegründete Partei, die bisher nicht in den Verwaltungen der Départements vertreten war, zieht nun sogar erstmals in die Räte von zwei Kantonen in Südfrankreich ein: in Carpentras und Brignoles. Neuesten Umfragen zufolge würde Sarkozy in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen sogar ein schlechteres Ergebnis als FN-Chefin Marine Le Pen einfahren, würden die Wahlen morgen stattfinden. Demnach würde es bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr zu einer Stichwahl zwischen einem sozialistischen Kandidaten und Le Pen kommen. Denn seit die 42-Jährige zu Beginn des Jahres den Parteivorsitz von ihrem Vater übernommen hat, ist der FN salonfähig geworden. In einer gestern veröffentlichten Umfrage erklärten 52 Prozent der Befragten, dass der FN eine Partei wie jede andere sei. Angesichts dieses Vormarschs droht der UMP-Partei Sarkozys nun die Zerreißprobe. Nachdem in ihren Reihen bereits nach der ersten Runde der Kantonalwahlen Uneinigkeit herrschte, wie sie sich gegenüber dem FN verhalten sollte, entbrannte gestern ein neuer Streit. Regierungssprecher François Baroin forderte seine Partei auf, zu ihren "republikanischen Werten" zurückzukehren und die für April geplante Islam-Debatte abzusagen. Ein Premierminister François Fillon nahe stehender Abgeordneter deutete an, dass dem Regierungschef angesichts dieser Debatte ebenfalls unwohl sei. Damit regt sich innerhalb der UMP immer mehr Kritik an Sarkozys Strategie, Themen wie Islam und Immigration zu besetzen, um dem FN Wähler abzujagen.

Meinung

Sarkozy hat sich verkalkuliert

Von SZ-MitarbeiterinGesche Wüpper

Frankreichs Präsident Sarkozy hat sich gründlich verkalkuliert. Er hat vergeblich versucht, Themen des Front National (FN) zu besetzen und die Angst vor Einwanderung und Kriminalität zu schüren. Doch damit überzeugt er weder rechte Wähler, die lieber gleich für das FN-Original stimmen, noch die eigene Partei. Angesichts der Wahlschlappe trauen sich plötzlich Kritiker des Rechtsrucks aus der Deckung. Inzwischen wird sogar in der UMP bezweifelt, ob Sarkozy der richtige Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2012 ist. Denn sein Kalkül, international zu glänzen, scheint ebenfalls nicht aufzugehen. Sein Vorgehen gegen Diktator Gaddafi zahlte sich innenpolitisch bisher nicht für ihn aus.

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