Das Image der Lichtgestalt bekommt Kratzer

Bangkok. Wütende Proteste und Kritik, die vielfach noch hinter vorgehaltener Hand geäußert wird: Das ist Birmas lange wie eine Heilige verehrte Freiheits-Ikone Aung San Suu Kyi nicht gewohnt. Sie kennt eigentlich nur grenzenlose Bewunderung für ihre furchtlose Art, wie sie der Militärjunta die Stirn bot und dafür 15 Jahre Hausarrest in Kauf nahm

Bangkok. Wütende Proteste und Kritik, die vielfach noch hinter vorgehaltener Hand geäußert wird: Das ist Birmas lange wie eine Heilige verehrte Freiheits-Ikone Aung San Suu Kyi nicht gewohnt. Sie kennt eigentlich nur grenzenlose Bewunderung für ihre furchtlose Art, wie sie der Militärjunta die Stirn bot und dafür 15 Jahre Hausarrest in Kauf nahm. Das hat sich geändert, seit die 67-Jährige vor einem Jahr (1. April) als Kandidatin bei den Nachwahlen in Birma in die Niederungen der Politik hinabgestiegen ist. Jetzt sitzt sie im Parlament. Realpolitik verlangt Kompromisse. Sie wird zwar noch angebetet, aber das Image der Lichtgestalt bekommt Kratzer.

Nach Jahrzehnten der Militärdiktatur waren alle Gruppen der Gesellschaft davon überzeugt, dass die Friedensnobelpreisträgerin von nun an als Champion an ihrer Seite stehen würde. Das konnte kaum gut gehen. "Suu Kyi ist von dem Podest gefallen, das die Leute ihr gebaut haben", schreibt der Kommentator Myat Thu Pan im Online-Magazin "Mizzima".

Mitte März entlud sich die Enttäuschung über Suu Kyi bei hunderten Dorfbewohnern in Monywa in Nordbirma. Sie war gekommen, aber statt die Sorge der Anwohner um Umwelt und Felder zu unterstützen, drängte Suu Kyi sie, ihren Protest gegen eine chinesische Kupfermine aufzugeben. Die Nation brauche die Einkünfte. Menschenrechtler warteten lange vergeblich darauf, dass Suu Kyi die Diskriminierung der muslimischen Minderheit der Rohingya verurteilen möge, vor allem nach den Unruhen mit 180 Toten 2012.

Die Minderheit der Kachin setzte auch auf Suu Kyi und hatte Protest gegen die Militäroperation erwartet, die vergangenes Jahr 100 000 Menschen in die Flucht schlug. Doch Suu Kyi blieb vage. Sie arbeitet in Ausschüssen mit Militärs, die ein Viertel der Parlamentssitze innehaben.

"Ich mag das Militär sehr", sagte sie sogar - bezogen auf die Rolle des Militärs im Unabhängigkeitskampf, unter Führung ihres Vaters General Aung. Aber Mitglieder ihrer Partei Nationalliga für Demokratie (NLD), die das Militär teils jahrelang einkerkerte, reagierten konsterniert. "Sie hat aufgehört, eine Führungsfigur für das Volk zu sein, als sie ins Parlament zog und Parteiführerin wurde", sagt ernüchtert Laphai Naw Din, der ein Medienportal der Kachin-Rebellen führt.

Suu Kyi trägt alle Kritik mit Fassung. "Das ist doch normal und natürlich, jetzt, da die Leute frei sind und reden und streiten können", sagte sie dem langjährigen Birma-Experten Larry Jagan. Suu Kyi hat den Blick auf die nächsten Wahlen 2015 gerichtet. Sie will Präsidentin werden. dpaFoto: dpa

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