CSU setzt Merkel unter Druck

Wildbad Kreuth · Die Christsozialen schalten zu Beginn des neuen Jahres wieder einen Gang hoch. CSU-Chef Seehofer lässt in der Flüchtlingsfrage nicht locker. Kanzlerin Merkel hat in Wildbad Kreuth einen schweren Stand.

Die gute Nachricht: Es hat doch noch geschneit. Das freut die CSU , weil es schöne Bilder von ihrer gestrigen Klausurtagung in Wildbad Kreuth inmitten eines weißen Bergpanoramas gibt. Die schlechte Nachricht: Merkel kommt an Dreikönig. Da gehen traditionell die Sternsinger um und besingen die frohe Kunde. Doch Frohes hat Merkel nicht dabei. Sie freue sich auf eine spannende Diskussion, sagt sie zwar, nachdem sie mit dem Hubschrauber vor dem Tagungszentrum gelandet ist. Doch klar sei auch: In der Flüchtlingspolitik gebe es unterschiedliche Positionen, "das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern".

Da hat sie Recht. Über zwei Stunden nimmt sich Merkel Zeit, um mit den CSU 'lern die Flüchtlingsproblematik zu diskutieren. Es geht hitzig zu. Weil der Freistaat besonders belastet sei, fordern die Bayern seit Monaten eine härte Gangart, eine Obergrenze. Merkel will das nicht. Die jeweiligen Argumente kennen beide Lager nur zu gut. Darum geht es bei dem Treffen auch nicht. Merkel will zeigen, dass sie der CSU zuhört, sie ernst nimmt. Und die Christsozialen wollen Merkel zum Jahresauftakt unmissverständlich deutlich machen, dass die nächsten Monate zählen, dass sie da die Wende bei der Reduzierung der Flüchtlingszahlen schaffen muss. Sonst "hat die Union die besten Tage hinter sich", warnt Seehofer vor der Landesgruppe. Die Rechtspopulisten werden stärker. Man werde deshalb in den nächsten Monaten auf allen Ebenen "massiv für die Begrenzung der Zuwanderung eintreten", erklärt Seehofer.

Eine Kampfansage. Die Christsozialen schalten zu Beginn des neuen Jahres wieder einen Gang hoch. Dabei waren die Fronten kürzlich erst geglättet worden. Nachdem Seehofer Merkel auf dem CSU-Parteitag Ende November öffentlich wegen ihrer Flüchtlingspolitik vorgeführt hatte, schlugen beide Mitte Dezember beim Konvent der CDU wieder versöhnliche Töne an. Doch das bisschen Harmonie ist jetzt wieder dahin. Den scharfen Forderungskatalog, den die Landesgruppe zur Flüchtlingsfrage vor der Klausur präsentiert hat (Pflicht von Integrationskursen oder Ablehnung von Asylbewerbern ohne Papiere), ist schon nicht in Merkels Sinne gewesen. Aber das gehört zum politischen Ritual vor Kreuth - die CSU poltert, der Rest der Republik reagiert. Bei alledem wird der Koalitionspartner SPD sowieso nicht mitmachen.

Doch mit der Münchner Abteilung Attacke, für die Parteichef Seehofer steht, ist das nicht so einfach. Der CSU-Chef lässt nicht locker. Seehofer ist ein Spieler, ein politischer Zocker. Im selben Atemzug kann er säuseln, dann attackieren und schließlich fordern. Immer wieder wird er von Journalisten bei seiner Ankunft nach der Obergrenze gefragt, die er kürzlich erstmals bei maximal 200 000 Flüchtlingen pro Jahr festgelegt hat. Aber was passiert mit dem 200 001 Flüchtling, der sein Recht auf Asyl wahrnehmen will? "Das ist mir nicht ernsthaft genug", wehrt Seehofer die Frage barsch ab. Ihm vielleicht nicht, Merkel aber schon. Sie lässt es die Landesgruppe wissen.

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