Brüderle will Garantie für Renten abschaffen

Berlin. Mit seinen politischen Querschüssen hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (Foto: dpa) erneut die eigenen Truppen gegen sich aufgebracht. Nach seiner Kritik am Sparpaket forderte der FDP-Politiker gestern, die Schutzklausel gegen Rentenkürzungen abzuschaffen. Ein Regierungssprecher wies den Vorstoß umgehend zurück. Rainer Brüderle lässt nicht locker

Berlin. Mit seinen politischen Querschüssen hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (Foto: dpa) erneut die eigenen Truppen gegen sich aufgebracht. Nach seiner Kritik am Sparpaket forderte der FDP-Politiker gestern, die Schutzklausel gegen Rentenkürzungen abzuschaffen. Ein Regierungssprecher wies den Vorstoß umgehend zurück.

Rainer Brüderle lässt nicht locker. Erst stänkerte er gegen die selbst mit beschlossene Abschaffung der Ökosteuer-Ausnahmen für energieintensive Betriebe und gegen den geplanten Aufschlag für Flugreisen. Nun nimmt der Liberale die Ruheständler ins Visier. "Es wird nicht dauerhaft funktionieren, die Rentenentwicklung von der Lohnentwicklung abzukoppeln, denn die Renten müssen zunächst erwirtschaftet werden", warnte Brüderle in einem Interview. Daher solle man von der Rentengarantie "wieder abkommen und zu den normalen Mechanismen bei der Rentenanpassung zurückkehren". Im Kanzleramt sorgte der Verstoß offenbar für reichlich Verdruss. Regierungschefin Angela Merkel (CDU) ließ ihren Sprecher prompt erklären, dass die Forderung nicht in der Koalitionsvereinbarung stehe und damit auch "nicht auf der Agenda" von Schwarz-Gelb.

Brüderles Forderung ist deshalb brisant, weil es ohne die so genannte Rentengarantie bereits zum 1. Juli zu Rentenkürzungen gekommen wäre. Durch die Schutzklausel wurde daraus eine Null-Runde. Grundsätzlich orientiert sich die jährliche Neufestlegung der Rentenhöhe an der Lohnentwicklung. In der Formel zur Rentenberechnung wurden aber schon vor einigen Jahren Faktoren zur Abflachung des Rentenanstiegs eingebaut, um das System in einer älter werdenden Gesellschaft bezahlbar zu halten. Solange die Löhne steigen, dürfen diese Dämpfungsfaktoren allerdings nicht zu Rentenkürzungen führen. Für die Möglichkeit sinkender Löhne existierte bis zur Mitte des Vorjahres kein besonderer Schutzmechanismus. Wegen der befürchteten Einbrüche durch die Wirtschaftskrise und der heraufziehenden Bundestagswahl fasste die große Koalition dann einen entsprechenden Beschluss. Er sieht auch vor, dass die ausgebliebenen Kürzungen in wirtschaftlich besseren Zeiten nachgeholt werden müssen.

Nach Berechnungen der Rentenversicherung hätten die Altersbezüge wegen der erstmals seit Jahrzehnten negativen Lohnentwicklung zum 1. Juli im Westen um knapp ein Prozent sinken müssen. Nimmt man noch die ausgebliebenen Kürzungen durch die anderen Dämpfungsfaktoren hinzu, wären es in den alten Ländern sogar minus 2,1 und in den neuen minus 0,54 Prozent gewesen. vet

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