Unionsstreit schadet laut FDP-Chef Lindner dem Land

Berlin · Angesichts des Streits um die Flüchtlingspolitik hat FDP-Chef Christian Lindner den Unionsparteien vorgeworfen, die Belange des Landes aus den Augen verloren zu haben. Lindner sagte der „Saarbrücker Zeitung“: „Die Unionsparteien sind instabil geworden und sich intern spinnefeind. Sie sind in Panik geraten durch die Konkurrenz der AfD. Darunter leidet unser Land.“



Herr Lindner, ist die große Koalition aus ihrer Sicht am Ende?
Christian Lindner:
Die große Koalition wird lediglich durch die Angst vor den Wählern zusammengehalten. Schwarz-Rot regiert längst nicht mehr, sondern reagiert nur noch. Was wir bräuchten wäre jetzt ein Einwanderungsgesetz, um wieder Ordnung im Land zu schaffen; wir bräuchten Initiativen, um das wirtschaftliche Wachstum zu stärken, um unseren Wohlstand zu verteidigen. Stattdessen wird in der Koalition nur aufeinander geschimpft. Das treibt Menschen in die Arme der Rechtspopulisten.

Aber das Geschimpfe aufeinander kennen Sie doch aus schwarz-gelben Zeiten, Stichwort Gurkentruppe und Wildsäue. Wo ist da der Unterschied?
Christian Lindner:
Bei aller Bereitschaft zur Selbstkritik, mit jeder Woche Große Koalition bin ich versöhnter mit unserer eigenen Regierungsbilanz seinerzeit. Wir haben den Haushalt saniert, die große Koalition gibt nur Geld für teure Wahlgeschenke aus. Wir haben im Zuge der Eurokrise Handlungsfähigkeit bewiesen, Schwarz-Rot über ein Jahr lang in der Flüchtlingskrise nicht.

Sollte Angela Merkel die Vertrauensfrage stellen?
Christian Lindner:
Das wäre das letzte Mittel, wenn die Autorität der Kanzlerin weiterhin so verfällt wie zuletzt. Gegenwärtig ist das aber noch nicht erforderlich. Die Vertrauensfrage stellt ihr allerdings die CSU, in dem sie fortwährend auf Konfrontation geht. Die Unionsparteien sind instabil geworden und sich intern spinnefeind. Sie sind in Panik geraten durch die Konkurrenz der AfD. Darunter leidet unser Land.

Wozu raten Sie denn CDU und CSU - zur Trennung?
Christian Lindner:
Nein, das nicht. Aber Frau Merkel muss ihre Politik korrigieren. Sie hat in der Sache schon manche Kurskorrektur vorgenommen, rhetorisch bislang aber nicht. Ich erwarte, dass die Kanzlerin jetzt konsequent wieder Ordnung und Regeln bei der Zuwanderung definiert. Wir müssen mit einem Einwanderungsgesetz klar unterscheiden zwischen Flüchtlingen, die nicht auf Dauer bleiben können, und Einwanderern, die anhand klarer Kriterien dauerhaft zu uns kommen.

Das klingt fast nach AfD.
Christian Lindner:
Die AfD lehnt die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel aus Angst vor Fremdheit bis hin zum Rassismus ab. Die FDP kritisiert Frau Merkel aus der Perspektive der Rechtstaatlichkeit und der europäischen Partnerschaft. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Wir sind die Alternative für Demokraten.

Wie lange geben Sie Angela Merkel politisch noch?
Christian Lindner:
Jeder Wähler der AfD wird dafür sorgen, dass Frau Merkel Kanzlerin bleibt. Denn dann wird 2017 außer einer großen Koalition unter Merkels Führung kaum ein anderes Regierungsbündnis möglich.

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