Länder drohen Minister Dobrindt – Bundestag will die Abgabe heute beschließen

Berlin · Die Zeit drängt. Noch vor der Bundestagswahl im September will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) endlich einen Haken hinter sein Prestigeprojekt machen. Heute wird daher der Bundestag mit der Mehrheit der großen Koalition die Pkw-Maut verabschieden, in der Fachsprache "Infrastrukturabgabe" genannt.

Auch wenn dem Vernehmen nach zehn SPD-Abgeordnete "Nein" sagen wollen. Freitag in einer Woche ist dann der Bundesrat an der Reihe. Wird er die umstrittene Abgabe noch auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben?

Anfang der Woche wurde erneut klar, dass die Bundesregierung sich nicht für mautfreie Korridore einsetzen will. Das erklärte sie auf eine Anfrage der Grünen. Begründung: Die Belange der Grenzregionen seien bereits berücksichtigt, weil auf den Bundestraßen die Gebühr für Ausländer nicht anfalle. Der Ärger in den betroffenen Bundesländern ist nun wieder groß. Und Dobrindts Ablehnung ist heikel, da sie mitten in den Wahlkampf fällt.

Am Sonntag wird im Saarland gewählt. CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer fordert schon lange Ausnahmen von der Maut, weil die Wirtschaft ihres Landes auf einen grenzüberschreitenden Straßenverkehr ohne Maut angewiesen sei. Außerdem stehen auch andere Landesregierungen bei Händlern und Unternehmen mehr oder minder im Wort, dass bestimmte Autobahnabschnitte von der Abgabenpflicht freigestellt werden. So zum Beispiel die Landesregierungen in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen, oder in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In diesen beiden Ländern wird im Mai gewählt.

Nun wird gedroht: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsident Malu Dreyer (SPD) sagte unserer Zeitung, ihr Land habe gemeinsam mit anderen Bundesländern "im Verkehrsausschuss des Bundesrates den Antrag eingebracht, den Vermittlungsausschuss anzurufen". Denn es seien "erhebliche nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen auf grenznahe Unternehmen zu befürchten". Kommt dort eine Mehrheit zustande, dürfte dem das Plenum des Bundesrates am kommenden Freitag folgen. Auch Kramp-Karrenbauer hatte sich bereits entsprechend geäußert, falls im laufenden Verfahren der Forderung nach Ausnahmen nicht nachgekommen werde. Bei der Maut handelt es sich um ein Einspruchsgesetz, der Bundesrat kann das Inkrafttreten nicht verhindern, aber das Verfahren bis zur Wahl im Herbst verschleppen - und somit gefährden. "Mit Geschäftsordnungstricks ist da eine Menge zu machen", hieß es gestern seitens der Länder. Nach der Bundestagswahl würden die Karten dann neu gemischt. Für die Einleitung eines Vermittlungsverfahrens benötigen die Maut-Kritiker 35 Stimmen im Bundesrat, der von SPD und Grünen dominiert wird.

Tatsächlich wollten große Teile des Bundesrates - angeblich sogar die Bayern - vor allem aber inhaltliche Verbesserungen, um Gefahren für die Wirtschaft in den Grenzregionen abzuwehren, wie es gestern aus Länderkreisen zu unserer Zeitung hieß. Und keine Machtprobe mit Dobrindt und der Bundesregierung. Dem Vernehmen nach laufen daher hinter den Kulissen noch einmal Gespräche, um die Kuh in letzter Minute vom Eis zu bringen. Wie, ist aus Sicht der Länder eindeutig: Dobrindt solle kleinbeigeben. Sein Problem wäre dann freilich, dass er auf weitere Einnahmen verzichten müsste - ohnehin ist heftig umstritten, ob die Maut unter dem Strich die 500 Millionen Euro einbringt, die der Minister kalkuliert hat. Einfach ist die Suche nach einem Kompromiss also nicht. Und ein Erfolg alles andere als sicher.

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