Barack Obama in der Vertrauens-Krise

Washington. Es ist ein Tiefschlag für einen Präsidenten, der mit der Devise "Hoffnung und Wandel" die US-Bürger begeisterte und das Weiße Haus eroberte

Washington. Es ist ein Tiefschlag für einen Präsidenten, der mit der Devise "Hoffnung und Wandel" die US-Bürger begeisterte und das Weiße Haus eroberte. Doch 18 Monate nach Amtsantritt und nur vier Monate vor den wichtigen Kongress-Zwischenwahlen ist aller Zauber verflogen: 58 Prozent der Amerikaner haben mittlerweile kein oder kaum noch Vertrauen darin, dass Barack Obama (Foto: dpa) die richtigen Entscheidungen für das Land fällt. Damit übersteigt die Zahl der Zweifler erstmals die Zahl jener, die weiter an Obama glauben. Das ist das wichtigste Ergebnis einer gestern veröffentlichten gemeinsamen Umfrage der "Washington Post" und des Fernsehsenders ABC. Wie hat es der Hoffungsträger geschafft, das in ihn gesetzte Vertrauen auch in Teilen der eigenen Partei zu verspielen?

Wirtschaft und Arbeitsplätze: Eine klare Mehrheit der Befragten wirft Obama vor, diese für die Bürger wichtigsten Themen vernachlässigt und stattdessen auf Projekte wie die Gesundheitsreform gesetzt zu haben, die Zeit gehabt hätten. Die sich trotz milliardenschwerer Ankurbelungspakete nur minimal verbessernde Beschäftigungslage, die weiter schwelende Immobilienmarkt-Krise, das Rekord-Haushaltsdefizit und unruhige Zeiten an den Finanzmärkten liegen deshalb wie ein Schatten über dem Präsidenten.

Die Ölpest im Golf von Mexiko und die wochenlange Lethargie des Präsidenten bei dieser Herausforderung haben den Ansehensverlust Obamas beschleunigt Die "Versöhnungsrede" des Friedensnobelpreis-Trägers vor einem Jahr in Kairo an die islamische Welt und freundliche Botschaften in Richtung Teheran brachten bisher so gut wie keine Dividenden. Der Iran verfolgt weiter unbeirrt seine nuklearen Ambitionen, im Nahen Osten scheint ein Friedensschluss weit entfernt. Im Verhältnis zu Israel gibt es zudem - was die jüdischen Wähler in den USA verstimmt - massive Irritationen. Den Militäreinsatz in Afghanistan sieht Obama - anders als das Irak-Engagement - als "richtigen Krieg" im Kampf gegen den Terror. Doch die US-Bürger sind kriegsmüde und hegen angesichts der hohen Verluste der Nato Zweifel an der militärischen Strategie ihrer Führung.

Meinung

Initiative statt Reden

Von SZ-Mitarbeiter

Friedemann Diederichs

Die Ursachen für den schnellen Abstieg des redegewandten Strahlemanns Barack Obama lassen sich vor allem an einem Punkt festmachen: Er hat immer noch Schwierigkeiten mit dem Übergang vom Wahlkampf zum effektiven Regieren. Das zeigen insbesondere seine Versuche, bei Krisen aller Art die Schuld zunächst bei seinem Vorgänger zu suchen - sei es bei der Ölkatastrophe, der weiter desolaten Arbeitsmarktlage oder dem sich auftürmenden Haushaltsdefizit. Doch eineinhalb Jahre nach der Wahl zeigen sich die Bürger für solche natürlichen Politiker-Reflexe kaum noch empfänglich. Sie wollen, dass Obama nicht nur wohlklingende Reden hält, sondern kraftvoll Initiative zeigt und dabei die richtigen Prioritäten setzt.

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