Bald Neuwahlen in Israel

Jerusalem. Nach dem Scheitern ihrer Bemühungen um eine Regierungsbildung will die israelische Außenministerin Zipi Livni rasche Neuwahlen. Die 50-Jährige übergab gestern dem Staatspräsidenten Schimon Peres einen entsprechenden Empfehlungsbrief

Jerusalem. Nach dem Scheitern ihrer Bemühungen um eine Regierungsbildung will die israelische Außenministerin Zipi Livni rasche Neuwahlen. Die 50-Jährige übergab gestern dem Staatspräsidenten Schimon Peres einen entsprechenden Empfehlungsbrief. Zuvor hatte Parlamentspräsidentin Dalia Izik versucht, in letzter Minute doch noch eine Einigung mit möglichen Koalitionspartnern herbeizuführen, war damit aber gescheitert. "Wir gehen auf Neuwahlen zu", sagte Livni. Die Koalitionspartner hätten unmögliche Forderungen gestellt. "Es gibt Preise, die man bezahlen kann, und es gibt Preise, die andere zu zahlen bereit sind, ich aber nicht." Die Außenministerin hatte zuvor berichtet, die streng religiösen Parteien hätten eine Verpflichtung von ihr gefordert, bei Friedensverhandlungen mit den Palästinensern nicht über das Thema Jerusalem zu sprechen. Zudem wollten sie eine Erhöhung des Kindergeldes um eine Milliarde Schekel (etwa 200 Millionen Euro). Sie habe "das Land nicht ausverkaufen" wollen, sagte Livni. Sie hatte vor fünf Wochen nach dem Rücktritt des unter Korruptionsverdacht stehenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Peres wollte noch gestern Abend neue Beratungen mit Repräsentanten anderer Fraktionen aufnehmen. Sollte er binnen drei Tagen zu der Auffassung gelangen, dass keinem anderen Abgeordneten die Regierungsbildung gelingen kann, müssten innerhalb von 90 Tagen Neuwahlen stattfinden. Bislang hatte Kadima nur die Unterstützung der Arbeitspartei von Verteidigungsminister Ehud Barak erhalten. Beide Parteien haben aber zusammen nur 48 der 120 Abgeordneten in der Knesset. Die ultraorthodoxe Schas-Partei hatte am Freitag eine Regierungsbeteiligung abgelehnt. dpaMeinung

Enttäuschte Hoffnungen

Von SZ-MitarbeiterUlrich W. Sahm Livni scheiterte nicht nur wegen ihres ungeschickten Vorgehens bei der Regierungsbildung. Sie scheiterte auch an den widersprüchlichen Interessen egoistischer, machtbesessener Parteien. So wurde die Hoffnung vieler Israelis enttäuscht, den unter Korruptionsverdacht stehenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert zu Gunsten einer "Frau Saubermann" loszuwerden. Und es wurden die Hoffnungen der Welt enttäuscht, bald eine gemäßigte Politikerin an der Spitze Israels zu sehen, die offene Verhandlungen mit den Palästinensern anstrebt.

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