Die Grande Dame der Lauf-Szene

Saarlouis. Laufen, bis die Muskeln glühen. 42,195 quälende Kilometer "fressen", bis das Blut in den Adern pocht und die Glückshormone Purzelbäume schlagen. Doris Balke hat es wieder mal getan

 Doris Balke plant nach dem Auftritt in Hamburg bereits den nächsten Marathon.Foto: ros

Doris Balke plant nach dem Auftritt in Hamburg bereits den nächsten Marathon.Foto: ros

Saarlouis. Laufen, bis die Muskeln glühen. 42,195 quälende Kilometer "fressen", bis das Blut in den Adern pocht und die Glückshormone Purzelbäume schlagen. Doris Balke hat es wieder mal getan. Zum fünften Mal in ihrer noch jungen Ausdauerlauf-Karriere hat die 66-jährige Saarlouiserin, früher eine absolute Kurzstrecken-Expertin, einen Marathon bewältigt. Nach ihren Starts in Mainz (2006, 2007), Frankfurt (2007) und München (2007) trat sie kürzlich mit rund 20000 anderen Marathonis in Hamburg an. "Es war hart. Ich war nicht richtig fit. Bei Kilometer fünf habe ich erstmals überlegt, auszusteigen", erzählt sie. Schuld an der kleinen Formkrise waren die Vorbereitungsläufe in Nalbach (Litermont-Berglauf) und Otzenhausen (Zwei-Seen-Lauf). Hier hatte sich die Athletin der LSG Saarlouis bei strömendem Regen eine Erkältung zugezogen. Da kam der Marathon natürlich zum falschen Zeitpunkt. Diesmal sei es ihr auch besonders schwer gefallen, gibt Balke offen zu. Am Ende aber hielt sie durch - trotz hoher Temperaturen passierte sie die Ziellinie nach 5 Stunden, 21 Minuten und 43 Sekunden. Auch die Saarlouiserin Annette Jenal (Klasse W 50) gehörte zu den 15782 Läufern im Ziel. 4:03,30 Stunden war Balkes Vereinskollegin unterwegs. Von ihren Zeiten waren die Freundinnen nicht begeistert, von der Strecke schon. Nach einem Glockenschlag von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust machte sich der riesige Läufer-Pulk auf den langen Weg. Vom Start auf der Reeperbahn führte der mit 800000 Zuschauern gesäumte Kurs durch die Innenstadt über die Landungsbrücken, an der Speicherstadt vorbei Richtung Binnenalster. Ab Kilometer 30 passierte es. "Der Mann mit dem Hammer" schlug bei vielen Läufern erbarmungslos zu. Auch Balke kennt den Moment, wenn die Beine nicht mehr wollen. Diesmal hatte sie vorgesorgt. "Mit Salz-Sticks, die ich mitgenommen habe. Ich hatte keine Krämpfe", lacht sie. Ein richtiges Training, gesteht die 66-Jährige, absolviere sie nie. Ihre Kilometer sammelt sie lediglich bei Volksläufen und Halbmarathons. "Ich muss mit meinen Knien haushalten", lacht Balke. Aber egal wann und egal wo die saarländische Laufsport-Gemeinde antritt, Doris Balke ist fast immer dabei. 30 Läufe im Jahr, darunter ein, zwei Marathons sind für die Power-Frau vom Steinrausch normal. Auf fast 5000 Wettkampf-Kilometer hat es die Grande Dame der Volkslauf-Szene seit 1992 gebracht. Das ist in etwa die Entfernung von der Atlantikküste der USA bis zur kalifornischen Westküste. "Eigentlich wollte ich nur mal erleben, wie das ist", erinnert sich Balke an ihre Motivation beim Marathon-Debüt in Mainz. Die Faszination der 42 Kilometer hat die gebürtige Zweibrückerin seitdem nicht mehr losgelassen. Auch der beschwerliche Hamburg-Marathon änderte nichts daran, auch wenn ihr später alle Knochen weh taten und sie sich "wie eine 80-Jährige fühlte". Auf der Heimfahrt im Bus dachte sie schon wieder an den nächsten Marathon-Start. "Frankfurt, im Oktober", schmunzelt Doris Balke, "ich brauche einfach dieses Glücksgefühl, es ist zur Sucht geworden."

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