"Als Bettvorleger geendet"

Kürzlich ergab eine Studie, dass sich jeder zweite Student sorgt, sein Studium überhaupt zu schaffen. Was läuft da falsch?Dobischat: Noch immer betreut ein Professor zu viele Studentinnen und Studenten. Die Einführung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge lief holprig an, und noch immer zählt für viele Hochschullehrer die Forschung mehr als die Lehre

Kürzlich ergab eine Studie, dass sich jeder zweite Student sorgt, sein Studium überhaupt zu schaffen. Was läuft da falsch?Dobischat: Noch immer betreut ein Professor zu viele Studentinnen und Studenten. Die Einführung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge lief holprig an, und noch immer zählt für viele Hochschullehrer die Forschung mehr als die Lehre. Wir haben mehr als 10 000 Studiengänge, eine Ausdifferenzierung der Hochschulen, Elite-Unis, und die Studierenden sollen schnell sein, erfolgreich, Praktika und Auslandserfahrung anhäufen, fünf Fremdsprachen sprechen und einen tollen Job ergattern. Da wundert es mich nicht, dass viele sich Sorgen machen.

Sind die Studenten arm dran?

Dobischat: Nein, das kann man so pauschal nicht sagen. Sie müssen, auf der immateriellen Ebene, viele hochschulpolitischen Reformen über sich ergehen lassen - aber sie rücken auch viel stärker ins Zentrum, etwa der Lehre. Materiell muss man differenzieren. Etwa ein Fünftel hat weniger als 600 Euro im Monat zur Verfügung, aber 17 Prozent der Studierenden haben mehr als 1000 Euro. Die Studienfinanzierung ist eine Mischfinanzierung; den größten Anteil bezahlen die Eltern. Dann folgt der Nebenjob. Zwei Drittel der Studierenden jobben! Ein Viertel erhält Bafög.

Aber zumindest hat es eine Bafögerhöhung geben.

Dobischat: Stimmt. Es gab 2007/2008 mehr BAföG, und dann 2010, nach einem längeren politischen Tauziehen, noch mal. Das freut mich, aber das war auch nötig, weil wir vorher viele Jahre Stillstand hatten. Das Bafög muss mit der Preis- und Einkommensentwicklung Schritt halten. Mir wäre am liebsten, das Bafög würde regelmäßig erhöht, quasi als Automatismus.

Wird sich das neue Stipendien-System positiv auswirken, das die Koalition installiert hat?

Dobischat: Da bin ich skeptisch. Das Programm sprang als Tiger und endete vorerst als Bettvorleger. Statt zehn Prozent der Studierenden werden erst einmal weniger als ein halbes Prozent davon profitieren. Wir brauchen eine neue, starke Stipendienkultur, das stimmt schon, aber das Deutschlandstipendium ist eine marginale Ergänzung, keine tragende Säule der Studienfinanzierung in Deutschland.

Zugleich schaffen immer mehr Bundesländer ihre Studiengebühren wieder ab. Ist das der richtige Weg?

Dobischat: Absolut! Ich hoffe, Hamburg und Baden-Württemberg schaffen die Gebühren jetzt auch rasch ab. Studiengebühren sind falsch; sie verteuern das Studium, belasten die unterhaltsverpflichteten Eltern. Für eine vernünftige Ausstattung der Hochschulen zu sorgen, ist Aufgabe der Länder, nicht der Studierenden.

sztipp.de/dobischat

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