Politik macht sich für Kohle stark

Essen. Die Energiewende darf nicht zu Lasten der deutschen Industrie gehen. Die Energie müsse für Industrie-Unternehmen bezahlbar bleiben. Das forderten gestern die Ministerpräsidentinnen von Nordrhein-Westfalen (NRW) und des Saarlandes, Hannelore Kraft (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), auf dem Steinkohlentag in Essen

Essen. Die Energiewende darf nicht zu Lasten der deutschen Industrie gehen. Die Energie müsse für Industrie-Unternehmen bezahlbar bleiben. Das forderten gestern die Ministerpräsidentinnen von Nordrhein-Westfalen (NRW) und des Saarlandes, Hannelore Kraft (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), auf dem Steinkohlentag in Essen. Dies sei nur zu erreichen, wenn die fossilen Energieträger wie Kohle und Gas in der Stromversorgung "weiterhin einen hohen Stellenwert haben", sagte Kraft.Für den EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat die De-Industrialisierung Deutschlands bereits begonnen. Die deutschen Strompreise seien zu hoch. Das liege vor allem an den Preisaufschlägen und Abgaben, die durch den Staat verursacht werden. "Diese belaufen sich inzwischen auf 45 Prozent der Stromkosten", erinnerte Oettinger.

Auch für die Verbraucher müsse die Hinwendung zu erneuerbaren Energieformen bezahlbar bleiben, hob Kramp-Karrenbauer hervor. "Das Recht auf eine warme Wohnung darf nicht zur neuen sozialen Frage werden." Für das Saarland werde 2012 ein besonderes Jahr, da an der Saar nach 350 Jahren die Steinkohle-Förderung beendet werde. Jetzt müsse man intensiv daran arbeiten, die früheren Bergbau-Flächen optimal zu nutzen.

Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sagte zu, dass die energieintensiven Industrie-Unternehmen für den Kauf von Verschmutzungsrechten (Emissionshandel) aus dem Bundeshaushalt einen Ausgleich erhalten. Dies müsse beihilferechtlich aber noch mit der EU-Kommission abgestimmt werden. Für Kapferer sind neue Kraftwerke auf fossiler Basis unverzichtbar. Bis Ende 2013 würden neue Stromfabriken für Kohle und Gas mit einer Leistung von 10 000 Megawatt (MW) gebaut. Bis 2020 müssten weitere 10 000 MW Kraftwerksleistung hinzukommen.

Ähnlich argumentierte auch der Präsident des Europäischen Kohleverbandes Eurocoal, Hartmuth Zeiß. Er erinnerte daran, dass die Energieträger Braun- und Steinkohle mehr als 40 Prozent der deutschen Stromversorgung sicherstellen. Elektrische Energie aus Wind und Sonne würden hingegen nur acht Prozent beisteuern. Daher warnte er davor, einem Ausstieg aus der Kohleverstromung das Wort zu reden. "Eine solche Entwicklung wäre verhängnisvoll." Zeiß sprach sich zudem dafür aus, die Energiepolitik stärker auf die europäische Ebene zu verlagern.

Bernd Tönjes, Präsident des Gesamtverbands Steinkohle, sagte, dass der Ausstieg aus der subventionierten Steinkohle-Förderung bis Ende 2018 nach Plan laufe. Die Bergwerksgesellschaft RAG habe bisher 1,25 Milliarden der zugesagten Hilfen nicht in Anspruch genommen. In diesem Jahr zeichne sich ab, dass wegen der hohen Kohlepreise auf dem Weltmarkt weitere 500 Millionen Euro nicht benötigt würden.

Meinung

Unentbehrlicher Lückenfüller

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Die Energiewende in Deutschland ist offiziell beschlossen. Doch ob die Pläne dafür detailliert abgearbeitet werden können, ist längst nicht ausgemacht. Für die vielen Energieexperten, die sich gestern auf dem Steinkohlentag trafen, sind noch viele Fragen offen. Vor allem die fossilen Energieträger wie Kohle oder Gas werden eine größere Rolle spielen, als heute manchem lieb ist. Denn sie müssen die Lücke füllen, die der Wegfall der Atomenergie hinterlässt. Sonnenstrom-Anlagen und Windräder können noch auf lange Zeit nicht in diese Bresche springen. Die Stromausbeute ist zu unstet und Speicher für die elektrische Energie noch nicht vorhanden.

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