Zweibrückerin Gertrud Schanne-Raab setzt sich für viele Themen ein Mutig an vorderster Front
Zweibrücken · Zeit ihres Lebens war Gertrud Schanne-Raab eine mutige und engagierte Vorkämpferin für Themen wie Dritte Welt, Umwelt und vor allem Frauenthemen. Ihre Initiative für den Thesen-Anschlag Maria 2.0 ist mit Blick auf ihr viel bewegtes, erfülltes Leben ein logischer Schritt.
Immer wieder stand Gertrud Schanne-Raab in ihrem Leben an vorderster Front, politisch, in Kirchen- und Vereinsämtern, und setzte sich mutig und selbstbewusst für Dinge ein, die sie bewegen. „Ich bin sehr spontan“, lacht die 75-jährige Zweibrückerin.
Ihr bislang letztes, spontanes „Da muss man doch was machen“ nach einem Fernsehbericht über Maria 2.0 und den sieben Thesen, in denen Frauen ihre Vision einer zeitgemäßen katholischen Kirche formuliert haben, führte zu dem Zweibrücker Thesen-Anschlag Anfang März (wir berichteten).
Frauenthemen lagen der promovierten Soziologin und Anthropologin, die nach Studien in Deutschland und den USA in Asien für die Welternährungsorganisation (FAO) arbeitete, schon immer am Herzen. Sie lebte damals in Thailand und wirkte beruflich auch in anderen Ländern der Region wie Nepal, den Philippinen, Malaysia, Singapur oder Indonesien.
1978 zog die gebürtige Oberammergauerin mit dem promovierten Theologen Rainer Schanne und zwei kleinen Kindern nach Zweibrücken. Statt der katholischen Frauengemeinschaft beizutreten, entschied sie sich lieber für den Familienkreis in der Pfarrei Heilig Kreuz, der bis heute besteht. Was Gertrud Schanne-Raab jedoch spürbar ärgert, ist die Tatsache, dass sie trotz ihrer Ausbildung und ihren vielfach bewiesenen Kompetenzen in Zweibrücken nie wieder eine Anstellung fand. Ihre diversen Bewerbungen bei der Kirche wurden regelmäßig hintan gestellt, weil ja „mein Mann gut verdient“ und hinterfragt wurde, „warum ich denn jemandem den Arbeitsplatz wegnehmen will“. Bis heute fragt sie sich: „Welche Qualifikation muss jemand mitbringen?“
Die Hoffnung, über ein Ehrenamt doch noch auf einen bezahlten Posten zu gelangen, weil sie ihre Fähigkeiten mit großem Engagement in der Praxis bewies, erfüllte sich nicht. Dennoch mehrte sich das Engagement der vierfachen Mutter in vielen Bereichen, anfangs mit Frauenthemen und vielfach im Kirchenauftrag.
Sie übernahm nach wenigen Jahren den Vorsitz des Dritte-Welt-Vereins, führte den Weltladen mit Veranstaltungen zu einigem Erfolg, bis sich vor zehn Jahren kein Nachfolger für die mittlerweile 65-Jährige fand und er geschlossen wurde. Ihre Kraft widmete sie stattdessen der seit 1982 bestehenden Partnerschaft der Stadt mit Ruanda und gründete kurzerhand das Ruandakomitee Zweibrücken als eingetragenen Verein, dem sie vorsteht.
Anfang der 1980er-Jahre begleitete sie Studienreisen der katholischen Arbeitnehmerbewegung als Übersetzerin nach Indien und übernahm wenige Jahre später selbst deren Organisation. Selbst vorher noch kein Mitglied der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) in Zweibrücken, kandidierte sie 1999 als einzige Frau gegen fünf Männer als Oberbürgermeisterin, um das Thema „Frauen in politischen Ämtern“ in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen.
In Zusammenarbeit mit den Grünen führte die Bundesverdienstkreuz-Trägerin später die „Grüne Liste“ an und trug dazu bei, dass Umweltthemen Einzug in den Zweibrücker Stadtrat hielten. Bekannt dafür, dass sie „kein Blatt vor den Mund nimmt“.
Nach einer Vielfalt an Vorträgen im Auftrag unter anderem der katholischen Erwachsenenbildung bekam die beliebte Referentin 1994 einen Lehrauftrag bei der Fachhochschule, den sie elf Jahre lang ausübte. Mit Vergleichsstudien verschiedener Länder mit Deutschland konnte sie endlich wieder wissenschaftlich arbeiten.
2002 organisierte sie zum Stadtjubiläum federführend einen Ökumenischen Kirchentag mit rund 700 Teilnehmern. Als 2009 das Begegnungsfest der Kulturen auf der Kippe stand, übernahm sie die Leitung des Arbeitskreises Integration im Kommunalen Präventionsrat und damit die Organisation des Festes. „In diesem Jahr wäre es wieder an der Reihe, doch ich habe 2019 gesagt, dass ich es nicht mehr mache“, sieht sie die jüngere Generation jetzt am Zug. Dafür widmet sich Gertrud Schanne-Raab neuen Projekten. „Und alles ehrenamtlich“, betont sie noch einmal, weshalb ihr unter anderem das Thema Maria 2.0 ein Anliegen ist. Gut gefallen hat ihr die Stellungnahme von Generalvikar Alexander Sturm, der als Stellvertreter des erkrankten Speyerer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann vehement für die Segnung auch gleichgeschlechtlicher Paare eintritt, nachdem Rom dies im März untersagen wollte.
Die erfahrene Referentin und langjährige Vorsitzende des Zweibrücker Ökumene-Ausschusses findet: „Man muss nach dieser Steilvorlage aus Rom diese Thesen in Gesprächskreisen besprechen, sich detailliert informieren, mit dem Status Quo und den Hintergründen befassen und Lösungen finden.“
Als mögliche Gesprächskreise fallen ihr mit der kfd (Katholische Frauen Deutschland), dem Familienkreis oder dem Ökumene-Ausschuss gleich mehrere Alternativen ein, die sich ja auch ergänzen könnten oder kooperieren. Mit Blick auf ihr bewegtes, erfülltes Leben und auf die Forderungen der Thesen sagt Gertrud Schanne-Raab: „Ich würde niemandem raten, sich auf eine rein ehrenamtliche Karriere einzulassen. Weder bei Kirche, noch woanders.“