Serie Zweibrücker Krippenweg Polnische Adventskunst

Zweibrücken · In einer Serie stellt der Merkur einige der Krippen vor, die in Zweibrücker Schaufenstern zu sehen sind. Heute: Familie Hartlieb

 Die Staniolkrippe.

Die Staniolkrippe.

Foto: cvw

Zum Glück bleibt Dank des Cap-Markts die Hallplatzgalerie auch während des Lockdowns geöffnet, so dass auch hier die Krippen im Obergeschoss bewundert werden können. Sie entführen in eine andere Welt, nämlich nach Polen. Das Besondere an diesen Krippen: sie sind an einem Stück gefertigt und entsprechend praktisch, wenngleich auch sperrig zu transportieren.

Das Ehepaar Monika und Bernd  Hartlieb aus Mannheim, befreundet mit Hochschulprofessor und Dekan Gunter Kürbele und Museumsleiterin Charlotte Glück, hat sie zur Verfügung gestellt. Monika Hartlieb, Berufsschullehrerin in Mannheim, hat die „Eisenbahnkrippe“ im Obergeschoss rechts hinten bei einem Schüleraustausch in eine kleinen Laden für Volkskunst in Oppeln entdeckt und Gefallen daran gefunden. Sie berichtet: „Ursprünglich hatte der Ladenbesitzer die Krippe für sich selbst gekauft.“ Er habe erst seine Frau fragen müssen, bevor er das außergewöhnliche Stück habe veräußern dürfen. Gebaut hat die Krippe Jozef Walczak. Den ehemaligen Eisenbahner, der als Frührentner wie so viele Menschen im tief gläubigen Polen, Krippen entwarf und gestaltete, mag von seinem Arbeitsumfeld und der Umgebung inspiriert gewesen sein. Denn der bergige Hintergrund erinnert an die Einfahrt in einen Eisenbahntunnel. Aus einem Stück in eine kleine Vertiefung geschnitzt sind vor blauem Sternenhimmel Maria, Josef und das nackte Jesuskind. Zu Füßen der Krippe kuschelt ein Schäfchen, eingerollt, wie ein Katze.

Ganz wichtig  und ein beliebtes Grundmotiv ihrer Schnitzkunst sind den polnischen Kunsthandwerkern die Engel. So knien statt Hirten oder Königen zwei Engelchen mit goldenen Flügeln recht und links von der Krippe, segnen und bewachen das Göttliche Kind. Der Engelchor aus Sängern, Geigenspieler und Schalmeibläser intoniert „Gloria in excelsis deo“, wie in einem Spruchband zu lesen ist. Ein mächtiger Stern verbindet die Himmlischen Heerscharen mit dem Wunder auf Erden. Typisch polnisch, sind die naiv anmutenden Figuren mit ihren großen Augen in kräftigen Farben bemalt. Viele Polen greifen zum Schnitzmesser, um ihren Lebensunterhalt aufzubessern und entwickeln ihren ganz eigenen Stil für Krippen, Heilige oder andere Figuren. 

 Die polnische Eisenbahnkrippe.

Die polnische Eisenbahnkrippe.

Foto: cvw

Während die meisten polnischen Krippen fröhlich bunt daher kommen, gelingt es manchmal auch, Kleinode in Naturtönen zu entdecken und zu erstehen. Eines der Lieblingsstücke des Ehepaars Hartlieb, das selbst eine umfangreiche Krippensammlung mit zahlreichen Unikaten aus aller Herren Länder besitzt, ist entsprechend die mittlere der drei polnischen Krippen. Sie stammt aus der nördlichen Provinz Posen und war auf Grund ihrer Größer, vor allem jedoch ihres Gewichts aus Massivholz schwer nach Deutschland zu transportieren. Besonders schwer wiegen die Figuren, nicht nur der wohl genährte Ochse. In liebevoller Handarbeit wurde das Krippendach mit Stroh gedeckt und auch hier prangt, allerdings liegend, der überdimensionale Stern von Bethlehem am Dachgiebel. Wirklich historisch ist allerdings auch diese traditionelle Krippe nicht. Den Polen sind ihre Kunstschätze als alte deutsche Kultur im Land heilig. So dürfen Werke, die älter sind als von 1945, nicht exportiert werden. 

 Eine geschnitzte Krippe aus Pommern.

Eine geschnitzte Krippe aus Pommern.

Foto: cvw

Ganz einzigartig in der Zweibrücker Krippenausstellung ist die glänzende Staniolkrippe. Sie stammt aus Krakau und wurde dort bei dem jährlich ausgetragenen Krippenwettbewerb zur Schau gestellt. Ein möglichst leichtes Gestell aus Pappe oder leichtem Holz wird mit farbenprächtigem und glitzerndem Staniol beklebt. Das mit Abstand beliebteste Motiv der vorwiegend aus Krakau selbst stammenden Krippenkünstler ist die Krakauer Marienkirche mit ihren Türmen. Ganz typisch sind die rot-weiße polnische und die blau-weiße Krakauer Fahne sowie der Adler auf den Turmspitzen. Um die 100 Krippen werden jedes Jahr bei Eiseskälte mit zweistelligen Minusgraden zunächst auf den Stufen eines Denkmals präsentiert. Neben den Durchschnittsmaßen gibt es seltene und allein dadurch besonders wertvolle Exponate wie Miniaturkrippen von nur 20 Zentimetern bis hin zu – noch rareren - drei Meter hohen Kolossen zu bewundern. In einem Festumzug werden sie in die Kraukauer Tuchhalle, die an das Rathaus in Florenz erinnert, gebracht. Im Obergeschoss über den Ladengeschäften befindet sich ein Museum, das die Krippen ausstellt und den Künstlern so die Chance erleichtert, ihre Werke zu verkaufen. Denn im kommenden Jahr gibt es eine neue Ausstellung mit ganz neuen Kreationen, wenn möglich noch schöner und prunkvoller, als im vergangenen Jahr. Doch nach den Klassikern hat auch hier nach westlichem Vorbild Glitzer und Glimmer, schreiende Beleuchtung und nervige Bewegung durch eingebaute Motoren Einzug gehalten. Für das Ehepaar Hartlieb war es ein großes Glück, diese märchenhafte, phantasievolle Krippe erwerben zu können. 

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